Samstag, 30. Mai 2015

Bundesrichter rügen Bundesagentur für Arbeit für Mitarbeiterüberlassung

Das Bundesarbeitsgericht hält es für verfassungswidrig, dass die Bundesagentur für Arbeit Mitarbeiter an kommunale Träger abgibt, die dann die Betreuung von Hartz IV-Empfängern selbst übernehmen. 
Damit greife das Bundesarbeitsministerium, das solche Wechsel per Rechtsverordnung bestätigen muss, in die garantierte Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ein. Die Richter haben daher den Rechtsstreit einer Angestellten aus Sachsen zunächst ausgesetzt, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. 
Die Frau arbeitete seit dem Jahr 2008 als Teamleiterin im Bereich SGB II. Dort führte sie das so genannte gemeinsame Arbeitgeberserviceteam, das bei der Arbeitsagentur gemeldete Arbeitslose und Hartz IV-Empfänger an interessierte Arbeitgeber vermitteln sollte. Nachdem der betreffende Landkreis ab 1.1.2011 als kommunaler Träger zugelassen worden war, wurde der Angestellten mitgeteilt, dass ihr Arbeitsverhältnis auf den Landkreis übergehe. Das ist nach § 6c Absatz 1 Satz 1 SBG II möglich, wenn der betreffende Mitarbeiter bereits seit mindestens zwei Jahren Tätigkeiten im Bereich Hartz IV ausgeübt hat. Dagegen klagte die Frau

(Az.: 8 AZR 775/12).

Freitag, 29. Mai 2015

Neue Grenzen bei befristeten Arbeitsverhältnissen?

Dieses Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg sollten Sie kennen. Es könnte dazu führen, dass viele Befristungen unwirksam sind.
Ein Arbeitnehmer war im Jahr 2007 vier Monate bei einem Arbeitgeber beschäftigt. Vier Jahre später wurde er mit einem sachgrundlos befristeten Vertrag erneut eingestellt. Die Befristung wurde zweimal verlängert und betrug insgesamt zwei Jahre. Nun klagte der Arbeitnehmer gegen die Befristung und wollte in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden.
Seine Begründung: Nach § 14 Abs. 2 S. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sei eine Befristung grundsätzlich nicht möglich, da mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hatte.
Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch mit Urteil vom 6. April 2011 (Az. 7 AZR 716/09) das Gesetz entgegen seines Wortlauts ausgelegt. Es urteilte, dass eine Befristung dann möglich sein soll, wenn die Vorbeschäftigung länger als drei Jahre zurückliegen würde.

Aber: Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg folgt ganz ausdrücklich dieser Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht (Urteil vom 26.09.2013, Az.: 6 Sa 28/13). Es meinte, dass es einen eindeutigen Wortlaut des Gesetzes gebe und der Gesetzgeber eine 3-Jahres-Frist nicht in das Gesetz aufgenommen habe. Zumindest hätte das Bundesarbeitsgericht die Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorliegen müssen. Zudem weiche das Urteil von der Rechtsprechung eines anderen Senats des Bundesarbeitsgerichts ab. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg der Klage des Arbeitnehmers stattgegeben.
Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte damit umgehen werden. Arbeitgeber in vergleichbaren Fällen kann nur geraten werden, keine Arbeitnehmer befristet ohne Sachgrund zu beschäftigen, wenn diese schon einmal bei ihnen beschäftigt waren.

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Donnerstag, 28. Mai 2015

Mindestlohn und Bereitschaftszeiten.

Neulich fragte mich ein Arbeitgeber, wie er einen Beifahrer in einem Lkw bezahlen soll. Denn letztendlich würde ja immer nur einer der Fahrer arbeiten und der andere sich ausruhen. Insbesondere ging es dem Arbeitgeber um das neue Mindestlohngesetz und ob er das auch bei Beifahrern einhalten muss. Natürlich kann diese Frage auch generell gestellt werden für alle Mitarbeiter, die Bereitschaftsarbeit leisten. 

Eins ist ganz klar: Nach der Rechtsprechung ist Bereitschaftsarbeit ganz normale Arbeitszeit. Nur die Vergütung kann bei einer entsprechenden Vereinbarung geringer sein. Wichtig: Existiert keine Vereinbarung zur Bezahlung der Bereitschaftszeiten, sind diese Arbeitszeiten wie jede andere Arbeit auch zu vergüten. Und natürlich ist dabei auch der gesetzliche Mindestlohn zu beachten. Abweichende Regelungen können sich im Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag befinden. So war es auch in einem aktuellen Fall des Arbeitsgerichts Aachen (Urteil vom 21.04.2015, Az.: 1 Ca 448/15h):

Auf das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters im Rettungsdienst fand der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes Anwendung. Danach beträgt die tarifliche Wochenarbeitszeit grundsätzlich 39 Stunden, im Rettungsdienst können allerdings Bereitschaftszeiten zusätzlich anfallen. Diese werden aber nur zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit angerechnet. Der Mitarbeiter machte nun weitere Ansprüche geltend, denn nach seiner Meinung waren die tariflichen Regelungen zur Vergütung von Bereitschaftszeiten nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes unzulässig geworden. Deshalb sei ihm für jede Stunde Bereitschaftszeit eine zusätzliche Vergütung von 8,50 Euro zu zahlen. Das Arbeitsgericht Aachen hielt die Regelungen im TVöD allerdings für rechtmäßig. Zudem hätte der Arbeitnehmer, selbst wenn die Bereitschaftszeiten nach dem Mindestlohngesetz wie Vollarbeitszeit zu vergüten wären, mehr Geld als 8,50 Euro pro Stunde im Durchschnitt erhalten.

Trotzdem gilt: Der Mindestlohn ist auch bei Bereitschaftszeiten zu beachten!


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Mittwoch, 27. Mai 2015

Arbeitsunfähigkeit eines alkoholabhängigen Arbeitnehmers

Es gibt Dinge, die sind für einen Arbeitgeber wirklich nur schwer verständlich. In diesem Fall klagte eine gesetzliche Krankenversicherung gegen einen Arbeitgeber. Und das kam so:

Ein alkoholabhängiger Arbeitnehmer des Arbeitgebers wurde mit einer Alkoholvergiftung mit 4,9 Promille in ein Krankenhaus eingeliefert mit der Folge, dass er zehn Monate arbeitsunfähig war. Zuvor hatte er bereits zwei stationäre erfolglose Entzugstherapien durchgeführt. Der Arbeitgeber weigerte sich, eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu zahlen und deshalb leistete die Krankenkasse Krankengeld. Das verlangte sie nun aus einem übergegangenen gesetzlichen Recht von der Arbeitgeberin. Sie war nämlich der Auffassung, dass ein Entgeltfortzahlungsanspruch bestanden hatte. Es habe an einem Verschulden des Arbeitnehmers für seinen Alkoholkonsum gefehlt.

Schließlich landete die Angelegenheit vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 18.03.2015, Az.: 10 AZR 99/14). Es entschied, dass es sich bei der Alkoholabhängigkeit um eine Krankheit handelt. Und wird ein Arbeitnehmer infolge der Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig krank, ist nicht von einem Verschulden im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts auszugehen. Ein Verschulden des Arbeitnehmers kann nach einer Rehabilitationsmaßnahme nicht generell ausgeschlossen werden. Im vorliegenden Fall hatte ein Gutachten ein Verschulden des Arbeitnehmers unter Hinweis auf die langjährige und chronische Alkoholabhängigkeit ausgeschlossen.


Also: Eine Arbeitsunfähigkeit ist nur dann verschuldet, wenn ein Arbeitnehmer in erheblichem Maße gegen das von einem verständigen Menschen in seinem eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt. Nur dann verliert er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei einem alkoholabhängigen Arbeitnehmer fehlt es suchtbedingt auch im Fall eines Rückfalls nach einer Therapie regelmäßig an einem solchen Verschulden - und der Arbeitgeber muss eine Entgeltfortzahlung leisten.