Donnerstag, 16. Juli 2015

Was zählt zur bezahlten Arbeitszeit, was nicht?

Als Arbeitgeber wollen Sie im Idealfall nur die Zeit bezahlen, in der Ihre Mitarbeiter tatsächlich produktiv arbeiten. Ihre Mitarbeiter hingegen wollen verständlicherweise für möglichst viel Zeit bezahlt werden. Daher beschäftigen sich Arbeitsgerichte immer wieder mit der Frage, was denn nun zur Arbeitszeit gehört und was nicht.
An sich ist es einfach:

Arbeitszeit ist die Zeit zwischen dem Beginn und dem Ende der Arbeit – ohne die Ruhepausen.

Zum Beginn der Arbeitszeit gibt es allerdings keine konkreten und verbindlichen gesetzlichen Regelungen. Sie können selbst festlegen, ob aus Ihrer Sicht die Arbeitszeit beginnt, wenn der Arbeitnehmer den Eingang Ihres Betriebs passiert hat, an seinem Arbeitsplatz angekommen ist oder nachdem er die Dienstkleidung angezogen hat. Zudem können Sie als Arbeitgeber entscheiden, ob, in welcher Form und wo Sie Zeiterfassungsgeräte wie beispielsweise Stechuhren installieren. Im Bereich von Verwaltung und Dienstleistung, wo Anzug oder Kostüm zur Arbeitskleidung gehört, beginnt die Arbeitszeit daher meist, sobald der Arbeitnehmer das Dienstgebäude betreten hat.

Arbeitnehmer, die in einer Fabrik oder Werkstatt arbeiten, werden vielfach erst ab dem Zeitpunkt bezahlt, ab dem sie umgezogen die Produktionsstätte erreicht haben. Muss der Arbeitnehmer hingegen besondere Schutzkleidung tragen, gilt oft schon das Umziehen als Arbeitszeit.

Aber: Arbeitszeit ist nicht nur „Vollarbeit“. Auch Zeiten mit geringerer Inanspruchnahme am Arbeitsplatz gelten in vollem Umfang als Arbeitszeit. Und die muss auch vergütet werden. Dies ist für die sogenannte Arbeitsbereitschaft und den sogenannten Bereitschaftsdienst mittlerweile höchstrichterlich geklärt.

Arbeitsbereitschaft

Bei der Arbeitsbereitschaft befindet sich Ihr Arbeitnehmer am Arbeitsplatz – und zwar während der Arbeitszeit (und nicht in der Pausenzeit). Das Bundesarbeitsgericht hat die Arbeitsbereitschaft als „wache Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung“ definiert (BAG, 17.7.2008, 6 AZR 505/07).

Beispiel:
Herr Bergmann, Ihr Mitarbeiter im Callcenter, der für drei Minuten keinen Kundenkontakt hat, ist (noch) nicht in Arbeitsbereitschaft, sondern arbeitet, weil es an einer Erholungsmöglichkeit fehlt. Dagegen befindet sich der Fahrer eines Velotaxis, der nur gelegentlich einen Kunden transportiert, in Arbeitsbereitschaft. Gleiches gilt wohl für den Taxifahrer, der zwischen dem Fahrgasttransport längere Standzeiten hat. Ähnliches gilt auch für Feuerwehrleute.

Und so wird die Arbeitsbereitschaft bezahlt:
Da die Arbeitnehmer bei der Arbeitsbereitschaft (gegenüber der normalen Vollarbeit) weniger intensiv belastet sind, wird die Arbeitsbereitschaftszeit meist auch geringer bezahlt als die Vollarbeitszeit. In welcher Höhe die Arbeitsbereitschaft vergütet wird, ist letztlich davon abhängig, was im Arbeitsvertrag, einem einschlägigen Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt ist.

Beachten Sie: Gibt es keine einschlägigen Regelungen, muss die Arbeitsbereitschaft wie die Vollarbeitszeit bezahlt werden! Ansonsten würde Ihr Unternehmerrisiko unzulässig auf Ihre Arbeitnehmer verlagert. Es sollte also in Ihrem Interesse liegen, eine Regelung zur angemessenen Vergütung zu finden!

Bereitschaftsdienst

Von der Arbeitsbereitschaft ist der Bereitschaftsdienst zu unterscheiden: Der Arbeitnehmer ist hierbei verpflichtet, sich an einem vom Arbeitgeber vorgegebenen Ort aufzuhalten, um der Aufforderung zur Arbeit unverzüglich nachkommen zu können (BAG, 17.7.2008, 6 AZR 505/07).

Auch der Bereitschaftsdienst wird normalerweise schlechter bezahlt als die Vollarbeitszeit. Details ergeben sich meist aus dem Arbeits- oder dem einschlägigen Tarifvertrag. Vor allem im Tarifvertrag ist die Vergütung meistens von einem sogenannten Heranziehungsanteil
abhängig. Wird der Mitarbeiter normalerweise zu 55 % der Arbeitszeit zur Vollarbeit herangezogen, wird jede Bereitschaftsdienststunde mit 55 % des normalen Stundenlohns bezahlt. Beachten Sie hier aber auch die neuen Mindestlohnregelung!

Rufbereitschaft

Anders als bei der Arbeitsbereitschaft und dem Bereitschaftsdienst zählt bei der sogenannten Rufbereitschaft nur die Zeit, während der der Arbeitnehmer zur Arbeit herangezogen wird, zur Arbeitszeit.

Dienstreisen

Dienstreisen aufgrund Ihrer Anweisung zählen zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit – zumindest soweit sie in die normale Arbeitszeit fallen.

Kaffee-, Tee- und Raucherpausen

Zur Gewährung von Raucherpausen sind Sie gesetzlich nicht verpflichtet. Das wäre auch gegenüber den Nichtrauchern im Betrieb – ohne entsprechenden Ausgleich – eine ungerechtfertigte Bevorzugung. Haben Sie in der Vergangenheit Raucherpausen aber stets mitbezahlt, kann insoweit eine betriebliche Übung entstanden sein, von der Sie sich nur schwer wieder lösen können.

Das Gleiche wie beim Rauchen gilt im Prinzip auch für die „kommunikative“ Kaffee- oder Teepause zwischendurch. Im Unterschied zur Raucherpause hat es sich jedoch noch nicht eingebürgert, dass Kaffeetrinker ähnlich wie Raucher ausstempeln sollten.

Umkleide-, Wasch- und Zwischenzeiten

Umkleidezeiten sind der Regel keine Arbeitszeit. Etwas anderes kann gelten, wenn im Betrieb eine vorgeschriebene Dienstkleidung notwendigerweise angelegt werden muss und Ihr Arbeitnehmer aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen die Tätigkeit ohne diese nicht aufnehmen darf (Rüstzeit).


1 Kommentar:

  1. Wir hatten bei uns immer große Problem die Arbeitszeit richtig zu dokumentieren. Da es sehr schwierig war mit unserer alten Software zwischen z.B. Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu unterscheiden. Zum Glück hat sich dieses Problem mit unserer neuen Zeiterfassungsoftware (http://www.gecosoft.at/zeiterfassung/) in Luft aufgelöst. Jetzt ist es um einiges leichter die tatsächliche Arbeitszeit zu erfassen.

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