Freitag, 21. August 2015

Gesundheitsschutz: Gefährdungsbeurteilung

Psychische Belastungen kommen in vielen Gefährdungsbeurteilungen zu kurz. Denn im betrieblichen Gesundheitsschutz herrschen vielmals einseitig technische Sichtweisen vor. Aktuelle Statistiken von Berufsgenossenschaften und Krankenversicherungen belegen jedoch, dass Psychostress immer mehr Leistungseinbußen und Fehlzeiten verursacht.

Die Firma Sick AG hat dieses Problem erkannt und ist mit beispielhaften Maßnahmen erfolgreich dagegen vorgegangen - ein Vorbild auch für Ihren Betrieb?
Das Unternehmen ist ein führender Hersteller von Sensoren für die Prozessautomation mit mehr als 5.000 Mitarbeitern. Die Tätigkeit ist durch viel Projektarbeit charakterisiert und stellt die Mitarbeiter vor hohe fachliche Herausforderungen.

Ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen

Die Arbeitsschutzverantwortlichen hatten erkannt, dass die bisher üblichen Gefährdungsbeurteilungen im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtungsweise ergänzt werden mussten. Hierzu nahmen sie - zunächst in einer Entwicklungsabteilung - schwerpunktmäßig die psychosozialen Belastungen in Angriff, die sich aus den herrschenden Arbeitsbedingungen ergaben.
Um diesen Belastungen auf die Spur zu kommen, wurde ein Methodenmix aus Fragebogeninterviews und Tätigkeitsanalysen (Arbeitsplatzbeobachtung) angewendet.

Die Hauptbelastungsfaktoren

Als wichtigste "Stressoren" in der untersuchten Abteilung wurden identifiziert:
- Platzmangel
- Lärm durch Gespräche und Besprechungen im Büro
- Überlastung und Zeitdruck durch die Arbeitsmenge und das ständige Hin- und Herspringen zwischen Aufgaben (Multitasking)

Zusammen führten diese Faktoren nicht nur zu Leistungsbeeinträchtigungen, sondern auch zu erhöhter Unzufriedenheit bei den Beschäftigten. Symptomatisch hierfür war eine auffällig hohe Fehlerquote.

Diese 3 Maßnahmenpakete sorgten für Besserung

In Workshops mit den Betroffenen wurden die gefundenen Belastungsfaktoren analysiert und erste Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet. Sie setzten an folgenden Punkten an:
- Platzmangel: Durch einen Anbau wurde die Raumkapazität der Abteilung vergrößert. In die Gestaltung der Arbeitsplätze wurden die Mitarbeiter einbezogen.
- Lärm durch Gespräche und Besprechungen im Büro: In das bisherige Großraumbüro baute man Zwischenwände ein. Weiterhin wurde eine "Ruhe-Arbeitszeit" zwischen 8 und 10 Uhr eingeführt, in der die Kollegen alle Gesprächskontakte untereinander auf ein Minimum beschränken sollten.
- Arbeitsmenge / Zeitdruck / Multitasking: Die bisherige Projektorganisation wurde umstrukturiert. Produktentwicklungs- und Grundlagenforschungsprojekte wurden entkoppelt, da in bisherigen Projekten, die beides beinhalteten, die Grundlagenforschung stets zu kurz kam. Außerdem wurden zur Entzerrung der aktuellen Projektlast einige Projekte verschoben.

Wirksamkeitsüberprüfung beweist Erfolg

Zur Erfolgskontrolle wurden die betroffenen Beschäftigten ein halbes Jahr nach Einführung der Veränderungen mittels eines Auswertungs-Fragebogens befragt. Die Ergebnisse können sich insgesamt sehen lassen:
- Für rund vier Fünftel hat sich die Zusammenarbeit in der Abteilung seither verbessert.
- Beim Punkt Platzmangel waren die Änderungen für 60 % der Befragten ein Erfolg.
- Bezüglich der Lärmbelastung fand jeder Zweite, dass sie deutlich reduziert worden war.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen