Mittwoch, 16. September 2015

Wirksame Befristung eines zuvor unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat über eine nachträgliche Befristung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses entschieden (Urteil vom 04.03.2015 - 2Sa 31/14). Ein Großunternehmen der Automobilindustrie bot allen neu eingestellten und ernannten Führungskräften seit Anfang 2003 nur noch Arbeitsverträge an, die bis zum 60. Lebensjahr befristet sind und eine eigene betriebliche Altersversorgung (Pension Capital) inkludieren, die verschiedene finanzielle Anreize gibt. Auch die Klägerin erhielt dieses Angebot; wie ihre Kollegen entschied sich die unbefristet Beschäftigte innerhalb der gesetzten Frist von 28 Monaten, ruderte aber später zurück.
Insgesamt bot das Automobilunternehmen 2.685 unbefristet beschäftigten und leitenden Führungskräften im Jahr 2003 die Befristung ihrer Arbeitsverhältnisse zum 60. Lebensjahr an. Der Arbeitgeber begründete diese Maßnahme mit einer besseren Planbarkeit der Personalbestände im Rahmen von Altersteilzeit und Frühverrentungen. Außerdem verwies der Beklagte darauf, dass es  empirisch beweisbar wäre, dass Führungskräfte ohnehin durchschnittlich mit 60 Jahren ausscheiden. 1.191 leitende Führungskräfte (ca. 41,6 %) nahmen das Angebot an. Das tat auch eine unbefristet beschäftigte Managerin. Sie schloss zunächst die Vereinbarung zur Befristung ab, bereute dies später jedoch und erhob dann eine Entfristungsklage. Sie stützte sich darauf, dass der Befristung ein sachlicher Grund fehle.
Der Befristungsgrund „Wunsch des Arbeitnehmers“ spielt in der Praxis eigentlich keine Rolle. Da der Arbeitnehmer nämlich im Gegensatz zum Arbeitgeber ein Beschäftigungsverhältnis jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfrist und ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes von sich aus beenden kann, sind kaum Fälle denkbar, in denen der Beschäftigte ein befristetes Arbeitsverhältnis vorziehen würde. Dieser erhält mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, das er problemlos selbst kündigen kann, also immer ein Mehr gegenüber einem befristeten Arbeitsverhältnis.

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber mit seinem Angebot seinen Arbeitnehmern zwei Optionen offeriert. Die Führungskräfte konnten erstens das Arbeitsverhältnis unverändert fortsetzen, bis sie die  Regelaltersgrenze erreichen. Andernfalls bot sich ihnen die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausscheidens in den „Vorruhestand“; verbunden ist mit finanziellen Anreizen.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg sah – wie auch schon die Vorinstanz - in dieser Konstellation die Befristung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG als gerechtfertigt an, weil sie auf einem Wunsch der Klägerin beruhe. Immerhin hatte diese – wie auch alle anderen Betroffenen – 28 Monate Zeit für ihre endgültige Entscheidung und das Angebot war eindeutig sowie klar formuliert. In Anbetracht dieser langen Frist sei das Handeln der Klägerin nicht als Reaktion, sondern als Aktion zu werten. Das Gericht formulierte: Das von außen unbeeinflusste Tätig werden des Arbeitnehmers nach einem längeren Zeitraum - und sei es auch nur eine Unterschrift auf einem mehr als zwei Jahre zuvor vom Arbeitgeber unterschriebenen Angebot - könne als Wunsch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG verstanden werden, der selbstbestimmt und eigenverantwortlich getroffen worden sei.

Das LAG verweist zudem auf die ständige Rechtsprechung. Dieser zufolge liegt ein Befristungswunsch des Arbeitnehmers ausschließlich dann vor, wenn er bei einem Arbeitgeberangebot für den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages nur ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart hätte; wobei allerdings ein bloßes Einverständnis des Beschäftigten nicht ausreicht. Anders sähe der Fall auch aus, wenn der Arbeitnehmer selbst eine Befristungsvereinbarung wünscht.

Es bleibt zu hoffen, dass das BAG im Fall einer Revision der Argumentation des LAG Baden-Württemberg folgt. Andernfalls läuft der Sachgrund „Wunsch des Arbeitnehmers“ nämlich tatsächlich in die Leere.

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