Dienstag, 1. Dezember 2015

Scheinselbstständigkeit?

Die Konsequenzen der Einordnung einer Person als Arbeitnehmer oder Selbstständiger liegen auf der Hand. Die Arbeitsgesetze sind grundsätzlich nicht auf freie Mitarbeiter anwendbar und freie Mitarbeiter unterliegen nicht der Steuer- und Sozialversicherungspflicht. Besonders risikobehaftet ist es natürlich, wenn ein Scheinselbstständiger beschäftigt wird und eine anschließende Steuer- und Sozialversicherungsprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass tatsächlich eine Arbeitnehmereigenschaft vorliegt. Dann sind die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten.

Der Unterschied liegt häufig in drei Punkten:

- die persönliche Abhängigkeit
- die Eingliederung in den Betrieb
- die Weisungsgebundenheit
Beispiel:
Der typische Fall der Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn der Putzkraft gesagt wird, sie sei nun selbstständig und habe sich die Putzmaterialien selbst zu besorgen. Wenn die Putzkraft auch weiterhin weisungsabhängig ist und in die Betriebsorganisation eingebunden ist, wird es sich noch immer um eine Arbeitnehmerin handeln.

Tipp: Im Zweifel kann schriftlich bei der Deutschen Rentenversicherung eine Entscheidung beantragt werden, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt oder nicht. Dies wird als Statusfeststellungsverfahren bezeichnet.

Das Bundesarbeitsgericht

Auch das höchste deutsche Arbeitsgericht musste sich mit der Frage aktuell beschäftigen (Urteil vom 11.08.2015, Az.: 9 AZR 98/14):

In einem Vertrag über freie Mitarbeit hatten sich Artisten verpflichtet, im Rahmen der von einem Zirkus veranstalteten Aufführungen eine „Hochseil- und Todesradnummer … gesehen wie auf dem Video bei Youtube“ zu erbringen. Als ein Artist verunglückte, weigerten sich die anderen, weiter zu arbeiten. Sie erfuhren nämlich, dass sie keinen Krankenversicherungsschutz hatten.

Das wiederum nahm der Zirkus zum Anlass, das Vertragswerk fristlos zu kündigen. Dagegen klagten die Artisten vor dem Arbeitsgericht und es ging um die Frage, ob es sich tatsächlich um Arbeitnehmer gehandelt hatte.

Dass die Frage nicht ganz einfach zu entscheiden war, wird schon daran ersichtlich, dass die Artisten vor dem Arbeitsgericht verloren hatten, jedoch vor dem Landesarbeitsgericht einen Erfolg verbuchen konnten. Das Bundesarbeitsgericht hat die Angelegenheit dann wieder gerade gerückt und geurteilt, dass die Artisten nicht als Arbeitnehmer, sondern als freie Dienstnehmer die Arbeit verrichtet hatten, da insbesondere kein Weisungsrecht des vermeintlichen Arbeitgebers vorlag.

Es wird aber deutlich erkennbar, dass die Abgrenzungen in der Praxis alles andere als einfach sind und Sie im Zweifel tatsächlich ein Statusfeststellungsverfahren vor der Deutschen Rentenversicherung durchführen sollten.

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