Mittwoch, 29. Juni 2016

Vorsicht bei Praktikumsverträgen!



Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts München muss ein Arbeitgeber 50.000 € an Vergütung, Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nachzahlen. Und das ist eine ganz bittere Geschichte (Urteil vom 13.06.2016, Az.: 3 Sa 23/16).

Dazu kam es, weil eine als Praktikantin angestellte Arbeitnehmerin mehr als fünf Jahre pro Woche 43 Stunden für ein Monatsgehalt von 300 € arbeitete.

Sie sollte ursprünglich das Praktikum für eine Ausbildung zur Finanzfachwirtin absolvieren. Die Ausbildung hatte aber nur jeweils Montag abends und gelegentlich an den Wochenenden stattgefunden. Aber selbst dann wurden größtenteils andere Aufgaben erledigt.

Die „Praktikantin“ hatte zudem genau die gleichen Arbeiten wie andere Arbeitnehmer auch erbracht. Deshalb konnte von einem „Praktikum“ keine Rede sein.

Folgende Eckpunkte sollten Sie stets beachten:
Ein Bußgeld von bis zu 500.000 € droht, wenn Sie gegen die Bestimmungen des MiLoG verstoßen und den gesetzlichen Mindestlohn nicht oder nicht vollständig zahlen. Ein Verstoß gegen den gesetzlichen Mindestlohn kann also erhebliche Folgen für Ihren Betrieb haben.

Für Praktikanten ist nicht immer der Mindestlohn zu zahlen. Allerdings ist hier höchste Vorsicht geboten. Denn nicht alle Praktikanten in Ihrem Betrieb fallen unter die Ausnahmeregelung. Vielmehr ist hier ein enger Rahmen gezogen.

Als Praktikanten gelten Personen, die nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Erfahrungen und Kenntnisse eine bestimmte (betriebliche) Tätigkeit ausüben, um sich

- auf eine Berufsausbildung oder
- eine vergleichbare Ausbildung

vorzubereiten.

Die Mindestlohnregelungen gelten somit nicht für Praktikanten, die ein verpflichtendes Praktikum im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium absolvieren. Das heißt, ein Arbeitgeber kann die Schulpraktikanten weiterhin (1 bis 2 Wochen) entgeltlos beschäftigen.

Auch für Studenten, die ein Betriebspraktikum absolvieren, das Teil des Studiums und in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist, darf weiterhin unterhalb des Mindestlohns gezahlt werden.

Aber: Handelt es sich um ein freiwilliges Praktikum, das nicht in der Prüf- oder Studienordnung vorgeschrieben ist, so gelten die Mindestlohnbestimmungen auch für Studenten.

Bei Praktika, die zur Orientierung für die Berufsausbildung oder Aufnahme eines Studiums erbracht werden, kann sich der Arbeitgeber ebenfalls auf die Ausnahmevorschrift berufen. Allerdings dürfen diese Praktika maximal für 3 Monate ausgeübt werden.

Auch sind Praktika zulässig, die begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung geleistet werden, wenn mit dem Praktikanten vorher kein solches Praktikumsverhältnis bestanden hat oder er an einer Eingliederungsmaßnahme oder Berufsausbildungsvorbereitung der Bundesagentur für Arbeit teilnimmt.

Mit Ihren Praktikanten haben Sie stets einen schriftlichen Vertrag abzuschließen!
Durch das Gesetzespaket zum Mindestlohn ist auch das Nachweisgesetz ergänzt worden. Folglich müssen den Praktikanten unverzüglich nach Abschluss des Praktikantenvertrages, jedoch spätestens vor Aufnahme der Tätigkeit die wesentlichen Vertragsbestandteile schriftlich ausgehändigt werden.

Diese wesentlichen Punkte sind in den Praktikantenvertrag aufzunehmen:

- der Name und die Anschrift der Vertragsparteien
- die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele
- Beginn und Dauer des Praktikums
- Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit
- Fälligkeit und Höhe der Vergütung
- Dauer des Urlaubs
- ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind
 

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