Mittwoch, 9. November 2016

Sind Sie auch diskriminiert worden nach dem AGG?



Das AGG erlaubt es Bewerbern, die sich diskriminiert fühlen, vor Gericht Schadenersatz und Schmerzensgeld einzufordern. Den Nachweis für eine Diskriminierung trägt zunächst der Bewerber, der die Entschädigung verlangt. Nach § 22 AGG reicht es hierfür aber aus, wenn er Indizien darlegt, die eine Benachteiligung als möglich erscheinen lassen. Sodann ist es Sache des Unternehmers oder Personalverantwortlichen, den Nachweis zu führen, dass keine Diskriminierung erfolgt ist – meist ein hoffnungsloses Unterfangen.

Die Hürden für den Indizienbeweis sind nicht allzu hoch. Es genügt bereits eine Stellenausschreibung oder Bemerkung im Vorstellungsgespräch, die den Eindruck erweckt, dass Sie sich im Einstellungsverfahren von Verbotsmerkmalen leiten lassen.

Diskriminierungsindizien sind damit die „schärfste Waffe“ abgelehnter Bewerber, um von Ihnen eine Entschädigung fordern zu können. Gelingt es dagegen nicht, Indizien einer Benachteiligung anzuführen, gehen Entschädigungsforderungen regelmäßig ins Leere.

Vermeiden Sie jeden Anschein von Benachteiligung

Zugegeben, 10 Jahre nach Inkrafttreten des AGG findet man nur noch selten Stellenanzeigen, in denen ausdrücklich nur ein Geschlecht angesprochen oder nur bestimmte Altersgruppen zur Bewerbung aufgefordert werden. Doch auch scheinbar harmlose Formulierungen können als Diskriminierungsindiz genügen. Teuer werden kann es daher schon, wenn Sie in Ihrer Stellenanzeige unter der Überschrift „Wir bieten Ihnen“ lediglich erwähnen, dass den Bewerber in Ihrem Unternehmen ein junges Team erwartet. So wurde einem abgelehnten 53-jährigen Bewerber eine Entschädigung von immerhin 5.000 € zugesprochen.

Begründung der Arbeitsrichter: Wenn einen Bewerber ein „junges Team“ erwartet, weiß er, dass er eher in dieses Team passt, wenn er selbst das entsprechende Alter mitbringt.

Nicht jeder Anhaltspunkt ist ein Benachteiligungsindiz

Allerdings genügt auch nicht jeder kleine Anhaltspunkt, wie etwa allein die Zugehörigkeit eines Bewerbers zu einem durch das AGG geschützten Personenkreis, um automatisch die Vermutung einer Benachteiligung zu begründen.

Beispiel:
Sie übernehmen einen Teil der in Ihrer Produktionsabteilung eingesetzten Leiharbeitnehmer und stellen diese als eigene Mitarbeiter ein. Ein Leiharbeitnehmer ist jedoch nicht darunter, weil Sie mit dessen Arbeitsleistungen nicht zufrieden waren. Dieser behauptet hingegen, er sei nur deswegen nicht übernommen worden, weil er Ausländer sei, und verlangt eine Entschädigung.

Folge: Sie können die Forderung des Leiharbeitnehmers beruhigt zurückweisen. Allein der Verweis darauf, dass er ausländischer Mitbürger ist, begründet noch kein Diskriminierungsindiz. Hierfür müssten noch weitere Umstände vorliegen, die vermuten lassen, dass Sie ihn deswegen nicht eingestellt haben, weil er Ausländer ist.

Kein Auskunftsanspruch über Bewerbungsverfahren

Abgelehnte Bewerber, die in der 1. Auswahlrunde – noch vor einem Vorstellungsgespräch – ausgeschieden sind, haben in der Regel nur Ihre Stellenausschreibung, um Indizien einer Benachteiligung anzuführen. Aus diesem Grund gibt es immer wieder abgelehnte Bewerber, die Einsicht in die Unterlagen zum Bewerbungsverfahren nehmen wollen. Der Europäische Gerichtshof verneint jedoch das generelle Bestehen eines Auskunftsanspruchs eines abgelehnten Bewerbers bezüglich der Bewerbungsunterlagen. Weder die Europäische Gleichbehandlungsrichtlinie noch das AGG sehen für den abgelehnten Bewerber einen generellen Anspruch auf Auskunft über Mitbewerber und Bewerbungsverfahren vor, damit dieser dann nach Diskriminierungsindizien suchen kann. Als Arbeitgeber können Sie deshalb Forderungen erfolgloser Bewerber nach Offenlegung des Bewerbungsverfahrens getrost zurückweisen.



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