Mittwoch, 12. April 2017

Lohnt es sich noch sich freizukaufen?



Für Unternehmen ab 20 Mitarbeitern gilt: Behinderte sollen fünf Prozent der Arbeitsplätze besetzen. Wer das nicht tut, zahlt.
Die gesetzlichen Vorgaben sind klar: Unternehmen in Deutschland mit mehr als 20 Mitarbeitern müssen mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit Behinderung besetzen. Tun sie das nicht, müssen sie eine Strafe zahlen. Stichtag für die Entrichtung der sogenannten Ausgleichsabgabe nach § 77 SGB IX ist der 31. März, eine gesetzliche Frist, die nicht verlängert werden kann.

Der deutsche Mittelwert täuscht
Schaut man in die offizielle Statistik, zeigt sich zunächst ein ganz ordentliches Bild: Für Deutschland beträgt die Quote 4,6 Prozent, die Vorgabe ist damit fast erfüllt. Doch der Mittelwert täuscht über erhebliche Unterschiede hinweg. Denn während große Unternehmen häufig einen deutlich größeren Anteil als fünf Prozent vorweisen können, besetzen kleine und mittelständische Unternehmen gerade mal die Hälfte ihrer Pflichtarbeitsplätze. Im öffentlichen Dienst sind es bayernweit beispielsweise 6,7 Prozent, in der Privatwirtschaft 3,9 Prozent. Als Faustregel gilt: Je kleiner die Unternehmen, desto schlechter die Quote. Rund 37 000 der deutschen Arbeitgeber haben sogar keinen einzigen Mitarbeiter mit Behinderung. Das entspricht einem Anteil von etwa einem Viertel.

Die Fünf-Prozent-Hürde
Muss ein Unternehmen zahlen, ist für die Höhe der Ausgleichsabgabe entscheidend, wie viele Menschen mit Behinderung der Arbeitgeber im Jahresdurchschnitt beschäftigt hat. Liegt deren Anteil zwischen drei und weniger als fünf Prozent der Belegschaft, muss für jeden unbesetzten Pflichtplatz eine Ausgleichsabgabe von 115 Euro pro Monat entrichtet werden. Bei einer Beschäftigungsquote zwischen zwei und drei Prozent sind es 200 Euro, unter zwei Prozent 290 Euro.
Für kleinere Unternehmen gelten Sonderregelungen. Arbeitgeber mit weniger als 40 Beschäftigten müssen nur einen schwerbehinderten Menschen einstellen und bezahlten pro Monat 115 Euro, wenn sie diesen Pflichtplatz nicht besetzen. Arbeitgeber mit weniger als 60 Mitarbeitern müssen zwei schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Sie bezahlten monatlich 115 Euro, wenn sie nur einen Pflichtplatz besetzen und 200 Euro wenn sie keinen Arbeitnehmer mit Handicap beschäftigen.
Eine Erhöhung ist für das Erhebungsjahr 2016 bereits beschlossen: 125 Euro pro Monat fallen nun bei einer Beschäftigungsquote ab drei Prozent bis unter fünf Prozent an, 220 Euro bei einer Beschäftigungsquote ab zwei Prozent bis unter drei Prozent und 320 Euro bei einer Beschäftigungsquote unter zwei Prozent.

Ausgleichsabgabe unterstützt berufliche Teilhabe
Eine Ausgleichsabgabe gibt es in der Bundesrepublik seit 1953. Zielgruppe einer mit der Ausgleichsabgabe unterstützten beruflichen Teilhabe waren zunächst die sogenannten Schwerbeschädigten, vor allem Kriegsopfer, mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 50. Mit dem Schwerbehindertengesetz von 1974 hat sich die Zielgruppe um die zivilen schwerbehinderten und gleichgestellt behinderten Menschen erweitert. Die Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe belaufen sich auf etwa 1/2 Milliarden Euro im Jahr. Davon erhalten 80 Prozent die Integrationsämter der Länder und 16 Prozent die Bundesagentur für Arbeit, die damit jeweils ihre besonderen Leistungen für schwerbehinderte Menschen finanzieren. Vier Prozent gehen an den Ausgleichsfonds beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, der daraus z.B. innovative Modellprojekte zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben unterstützt. Kurios an der ganzen Sache ist: Würden alle Unternehmen die Quote restlos erfüllen, drohte dem System in seiner jetzigen Form womöglich der finanzielle Kollaps. Denn die Abgaben der Nichterfüller werden im Umlageverfahren an die Unternehmen verteilt, die Behinderte einstellen. Mit diesem Eingliederungszuschuss können nötige Umbauten oder Anschaffungen finanziert werden. Fielen die so generierten Mittel weg, könnten entweder die Leistungen nicht mehr erbracht werden oder müssten neue Wege zur Finanzierung gefunden werden. 
 Bei Fragen „Rund ums Personal“ sprechen Sie mich an. Tel: 02365-9740897

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