Freitag, 5. Mai 2017

Arbeitnehmer und Religion, ein oft unterschätztes Problem.



Am 23.3.2017 hat sich das Arbeitsgericht Mannheim mit einem Fall beschäftigt, der hohe Wellen geschlagen hat (Az. 3 Ca 282/16). Im entschiedenen Fall hatte ein Pflegebetrieb eine Muslima als Pflegerin eingestellt. Es gab eine klare Stellenbeschreibung – was die neue Arbeitnehmerin herzlich wenig interessierte. Sie wollte keine pflegebedürftigen Männer waschen, sondern ausschließlich Frauen. Alles andere verbiete ihr Glaube. Der Arbeitgeber kündigte noch in der Probezeit – und bekam prompt eine Kündigungsschutzklage an den Hals. Zwar sei eine Kündigung in der Probezeit jederzeit möglich, in diesem Fall aber sei die Kündigung diskriminierend und damit rechtswidrig. Das sah das Arbeitsgericht anders:
„Sie haben das Recht, ihre Religion frei auszuüben, aber keinen Anspruch auf eine Tätigkeit, die speziell auf ihre Religion zugeschnitten ist“, so die Arbeitsrichterin Sigrid Bouwhuis in der Verhandlung wörtlich.

Bei der Verhandlung war zuvor noch zur Sprache gekommen, dass die 40-jährige Muslima aus religiösen Gründen nicht nur darauf pochte, ausschließlich Patientinnen zu waschen – diese sollten auch ohne männliche Angehörige in der Wohnung leben. Außerdem weigerte sie sich, Zigaretten oder Alkoholika zu besorgen, obwohl Einkäufe zu ihrem Aufgabenfeld gehörten. Ihr Argument: Sie habe Patienten nichts Gesundheitsschädliches aushändigen wollen. All das nutzte ihr nichts: Die Arbeitnehmerin verlor in Bausch und Bogen.

Das Urteil ist kein Freifahrtschein für Sie als Arbeitgeber. Es kommt auf ein wichtiges Detail an, dass das Bundesarbeitsgericht bereits mit Urteil vom 24.02.2011, Az. 2 AZR 636/09 bestimmt hat. Im Fall einer Ladenhilfe im Supermarkt, die sich geweigert hatte, alkoholische Getränke in die Regale zu räumen, hat das BAG entschieden:
- Weigert sich ein Arbeitnehmer aus religiösen Gründen, eine Arbeitsaufgabe zu erfüllen, zu der er sich vertraglich verpflichtet hat, kann dies eine Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen.
- Das gilt aber nur dann, wenn für Sie als Arbeitgeber im Rahmen der von Ihnen zu bestimmenden betrieblichen Organisation keine andere Möglichkeit einer vertragsgemäßen Beschäftigung besteht, die den religionsbedingten Einschränkungen Rechnung trägt.
 
Sie müssen darlegen können, dass die Kündigung unvermeidlich war, weil eine andere Tätigkeit (so wie in diesem jetzt in Mannheim entschiedenen Fall) im Rahmen Ihres Direktionsrechts nicht zugewiesen werden konnte. Im Fall der 40-jährigen Muslima war dies einfach, denn eine Pflegekraft, die ihr Tätigkeitsfeld selbst derart einschränkt, kann irgendwann nicht mehr eingesetzt werden.
Bei Fragen „Rund ums Personal“ sprechen Sie mich an. Tel: 02365-9740897 Keine Rechtsberatung!

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