Montag, 8. Januar 2018

Dürfen Sie falsche Angaben im Zeugnisentwurf streichen? Und gibt es ein Recht auf Abfindungen?



In einem Vergleich zur Beendigung eines Kündigungsschutzprozesses verpflichten sich Arbeitgeber häufig zur Erteilung eines Zeugnisses gemäß einem vom Arbeitnehmer anzufertigenden Entwurf. Enthält der Entwurf dann unwahre Angaben, brauchen Sie diese jedoch nicht in das Zeugnis zu übernehmen, wie der folgende Fall zeigt.
Der Fall:
Im vorangegangenen Kündigungsrechtsstreit hatten sich der Arbeitgeber und sein gekündigter Gebietsverkaufsleiter dahingehend verglichen, dass der Arbeitnehmer ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auf der Grundlage eines von ihm anzufertigenden Entwurfs erhält, wobei der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund von dem Entwurf abweichen darf.

Der Arbeitgeber fertigte das Zeugnis entsprechend dem übersandten Entwurf aus. Einzig eine Passage, wonach der Mitarbeiter Umsatzzuwächse bis zu 33 % generiert haben soll, übernahm er nicht. Diese Aussage entsprach einfach nicht den Tatsachen. Damit wollte sich jedoch der Mitarbeiter nicht abfinden und zog erneut vor Gericht, um auch diese gewünschte Formulierung zu erzwingen.

Das Urteil:
Der Arbeitnehmer stieß beim Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm auf Granit. Auch nach dem geschlossenen Vergleich müsse der Arbeitgeber keine unwahren Tatsachen in das Arbeitszeugnis aufnehmen. Er hatte nachgewiesen, dass die Aussage zum Umsatzzuwachs inhaltlich unzutreffend war. Darin lag ein wichtiger Grund, vom Zeugnisentwurf abzuweichen (LAG Hamm, Urteil vom 18.02.2016, Az.: 18 Sa 1577/15).

Mein Tipp: Vermeiden Sie die vertragliche Bindung an den Arbeitnehmerentwurf
Streitigkeiten wie im vorliegenden Fall können Sie vermeiden, wenn Sie sich im Vergleich nicht zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses gemäß eines vom Arbeitnehmer anzufertigenden Entwurfs verpflichten. Andernfalls entscheidet nämlich – bis zur Grenze der objektiven Unwahrheit – allein der betreffende Mitarbeiter, welche Leistungen er besonders hervorheben will und welche Formulierungen er hierfür wählt.

Wollen Sie als eigentlicher Zeugnisaussteller von dem Entwurf abweichen, können Sie dies nur, soweit Sie darlegen und beweisen können, dass die Tatsachen objektiv unwahr sind.

So vereinbaren Sie die Eckpunkte für eine wohlwollende Beurteilung
Vergleichen Sie sich stattdessen auf die Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses und vereinbaren Sie hierfür Eckpunkte der Beurteilung, etwa mit folgender Formulierung:

Musterformulierung: Vergleich über wohlwollendes Zeugnis
Der Arbeitgeber erteilt dem Mitarbeiter ein wohlwollendes Arbeitszeugnis mit guter Beurteilung (= Schulnote 2), das sich auch auf Leistung und Verhalten erstreckt sowie eine Schlussformel mit Dank für die Zusammenarbeit und gute Wünsche für die private und berufliche Zukunft des Mitarbeiters enthält.
Achtung:
Und nun gibt es noch die Auflösung zur Frage „Einer unserer Mitarbeiter muss betriebsbedingt unser Unternehmen verlassen. Hat er jetzt automatisch ein Recht auf eine Abfindung?“

Die Lösung:
Muss ein Arbeitnehmer gehen, gibt es kein automatisches Recht auf eine Abfindung. Dennoch gibt es Fälle, in denen Sie als Arbeitgeber nicht drum herum kommen.

Variante 1: Abfindung nach § 1aKündigungsschutzgesetz (KSchG)
Diese Vorschrift kommt in der Praxis in 2 Schritten zur Anwendung:

Im 1. Schritt entscheiden Sie, ob Sie Ihrem Mitarbeiter schon mit der Kündigung eine Abfindung anbieten möchten oder nicht. Falls Sie dieses tun, müssen Sie die gesetzlich festgelegte Höhe der Abfindung berücksichtigen. Sie beträgt 0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr.

Im 2. Schritt kündigen Sie und weisen den Arbeitnehmer darauf hin, dass es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelt und dass Ihr Arbeitnehmer bei Verstreichen lassen der 3-wöchigen Klagefrist eine Abfindung beanspruchen kann(§ 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG).

Übrigens:
Bei der Berechnung wird der Monatsverdienst als Berechnungsgrundlage herangezogen, den Ihr Arbeitnehmer in dem Monat erhält, in dem das Arbeitsverhältnis endet.

Variante 2: Auflösungsantrag
Stellen Sie in einem laufenden Verfahren vor dem Arbeitsgerichtnach einer erfolglosen Kündigung einen Auflösungsantrag, zahlen Sie eine Abfindung nach § 10 Abs. 1und 2 KSchG.

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