Montag, 29. Oktober 2018

Fehlen ohne Entschuldigung: Entsteht neuer Urlaub?



Eine interessante Frage hat mir ein Leser aus dem hohen Norden geschickt. Er schreibt: „Unser Mitarbeiter fehlt seit 4 Wochen unentschuldigt. Entstehen während dieser Zeit eigentlich neue Urlaubsansprüche?
Hier die Antwort:
Das Problem im geschilderten Fall ist, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter nicht beendet ist. Trotzdem entsteht erst einmal kein neuer Urlaub. Es sei denn, Ihr Mitarbeiter kann später noch nachweisen, dass er arbeitsunfähig erkrankt ist.

Meine Empfehlung:
Die Situation sollten Sie als Arbeitgeber aber so nicht weiterbestehen lassen. Schaffen Sie klare Verhältnisse! Das tun Sie am besten in 3 Schritten:

Schritt Nr. 1: Fordern Sie Ihren Mitarbeiter schriftlich auf, sofort seine Arbeit wiederaufzunehmen. Das tun Sie am besten in Form einer Abmahnung, in der Sie ihm auch ausdrücklich zu verstehen geben, dass Sie als Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ohne weitere Abmahnung kündigen werden, wenn Ihr Mitarbeiter nicht unverzüglich wieder seiner Arbeitspflicht nachkommt.
Schritt Nr. 2: Stoppen Sie die Lohnfortzahlung an Ihren Mitarbeiter! Dazu sind Sie gesetzlich berechtigt, und zwar unabhängig davon, ob Ihr Mitarbeiter in den letzten 4 Wochen
- einen Grund für sein Fernbleiben hatte, also z. B. weil er tatsächlich krankgeschrieben ist, oder
- seiner Arbeit ohne Grund fernbleibt

Schritt Nr. 3: Nimmt Ihr Mitarbeiter weder seine Arbeit wieder auf noch teilt er Ihnen – z. B. durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – den Grund für sein Fernbleiben mit, sollten Sie ihm fristlos, hilfsweise ordentlich kündigen.

Mein Tipp:
Kündigen Sie besser nicht sofort, ohne vorher abgemahnt zu haben. In diesem Fall wird Ihr Mitarbeiter nämlich im Zweifel im Kündigungsschutzprozess eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen – und dann werden Sie ihn wahrscheinlich nur noch gegen Zahlung einer Abfindung los.

Freitag, 26. Oktober 2018

Wenn mein Chef mich anbrüllt: Abmahnung?



Einer unserer Abteilungsleiter hat eine als bedrohlich empfundene Körpersprache. Er hält selten den Abstand einer Armlänge ein und wenn es mal zu einer hitzigen Diskussion kommt, steht er auch schon einmal in einem 10-cm-Abstand. Einige Kolleginnen fühlen sich regelrecht bedroht. Was sollen wir tun?
Das kann eine Abmahnung rechtfertigen Aber vielleicht ist das auch zunächst nur eine Ermahnung und Verwarnung wert.

Die Abmahnung unterscheiden Sie von einer Ermahnung oder Verwarnung. Ermahnung und Verwarnung sind einfache Vertragsrügen. Es fehlt dabei an der Warnfunktion. Sie machen Ihrem Mitarbeiter gerade nicht deutlich, dass er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss.

Häufig können Sie eine Ermahnung als Vorstufe zu einer Abmahnung nutzen. In der Regel werden Sie eine Ermahnung mündlich aussprechen. Das ist hier vielleicht genau das richtige.

Mit einer Abmahnung machen Sie ihm deutlich, dass

- Sie eine Pflichtwidrigkeit beanstanden und
- im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis gefährdet ist.

Ihre Arbeitnehmer sollen also durch die Abmahnung zu einem vertragsgerechten Verhalten veranlasst werden. Sie beschreiben daher das Fehlverhalten klar, deutlich und ausreichend konkret. Nur so ist Ihr Arbeitnehmer in der Lage genau zu wissen, was ihm vorgeworfen wird und wie er sein Verhalten verbessern kann. Da Ihre Abmahnung auch eine Warnfunktion haben soll, müssen Sie unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfall gefährdet ist.

Musterformulierung:
„Im Wiederholungsfall müssen Sie mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.“

In Ihrem Fall könnte es ein Problem darstellen, ob überhaupt eine Pflichtverletzung vorliegt. Vielleicht sollten Sie zunächst einmal genau definieren, was Sie von den Mitarbeitern erwarten und dabei konkret, welcher Mindestabstand einzuhalten ist. Ich empfehle Ihnen erst dann, also im Wiederholungsfall nach dieser Belehrung, eine Abmahnung auszusprechen.

Mittwoch, 24. Oktober 2018

Was nun: fristgerechte oder außergewöhnliche Kündigung?



Welcher Arbeitgeber kennt das nicht: Da müsste man „eigentlich“ einen Mitarbeiter sofort vor die Tür setzen, will sich aber „sozial“ verhalten. Und das Ende vom Lied ist dann, dass die Justiz den Arbeitgeber dafür noch bestraft. So ähnlich ist es auch in dem Fall des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.6.2018, Az.: 15 Sa 214/18, geschehen.

Eine Arbeitnehmerin hatte einen Arbeitszeitbetrug begangen. Sie hatte ihren Arbeitsbeginn an vier Tagen einfach zu früh in die entsprechende Liste des Arbeitgebers eingetragen. Der Arbeitgeber teilt ihr auch mit, dass nur eine außerordentliche Kündigung Betracht kommen würde. Er bot ihr allerdings an, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Jahres bestehen bleiben könne, damit sie ausreichend Zeit hat, sich eine neue Arbeit suchen.

Dann hörte der Arbeitgeber seinen Personalrat zu einer fristlosen Kündigung an, gegen die die Arbeitnehmerin natürlich klagte.

Das Landesarbeitsgericht war der Auffassung, dass grundsätzlich das Verhalten der Arbeitnehmerin für eine fristlose Kündigung gereicht hätte. Das Problem war aber die Interessenabwägung im Einzelfall, die für den Arbeitgeber des Falls nach hinten losging.

Der Arbeitgeber hatte hier eine soziale Auslauffrist gewährt und die Arbeitnehmerin während dieser Frist tatsächlich weiter beschäftigt. Das lässt aber logischerweise nur den Schluss zu, dass ihm eine Weiterbeschäftigung auch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar gewesen ist. Damit hat aber kein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung mit sofortiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgelegen.

Mehr noch: Eine Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung konnte auch unterbleiben, da der Arbeitgeber seinen Personalrat nur zu der fristlosen Kündigung angehört hatte.

Fazit: Die Weiterbeschäftigung steht der fristlosen Kündigung diametral entgegen und zerstört letztendlich den Kündigungsgrund.


Montag, 22. Oktober 2018

Vorsicht bei Wiedereingliederung von schwerbehinderten Arbeitnehmern.



Bei einem schwerbehinderten Arbeitnehmer sollten Sie eine gewünschte Wiedereingliederung nach einer längeren Krankheitsphase auf jeden Fall genehmigen. Andernfalls drohen Ihnen Schadensersatzansprüche, wie das Landgericht Berlin-Brandenburg entschieden hat (Urteil vom 23.05.2018, Az.: 15 Sa 1700/17).

Eine Lehrerin war bei einem Bundesland angestellt. Sie war längerfristig erkrankt. Dann schlug ihr Arzt eine Wiedereingliederung vor. Das ist die stufenweise Rückkehr an den Arbeitsplatz zunächst mit wenigen Stunden pro Tag bis hin zu einer vollschichtigen Arbeit. Den ganzen „Spaß“ bezahlt übrigens die Krankenkasse, da der Arbeitnehmer während dieser Zeit noch arbeitsunfähig erkrankt ist.

Trotzdem weigerte sich das Bundesland dem nachzukommen. Erst ein zweiter, späterer Antrag auf Wiedereingliederung der Lehrerin hatte Erfolg. Nur ihre volle Arbeitsfähigkeit erhielt sie durch die Ablehnung des ersten Antrags natürlich erst später. Und damit bekam sie auch später erst ihr übliches Gehalt.

Und das sah die Lehrerin nun gar nicht mehr ein. Sie forderte von ihrem Dienstherrn Schadenersatz. Hierbei ging es um etwas mehr als 2.000 €, die ihr fehlten, wenn sie früher wieder arbeitsfähig geworden wäre.

Das Landesarbeitsgericht sprach diesen Schadensersatzanspruch auch zu. Denn ein schwerbehinderter Arbeitnehmer kann nach § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IX eine anderweitige Tätigkeit auch im Rahmen einer Wiedereingliederung verlangen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung vorlegt, aus der sich Art und Weise der empfohlenen Beschäftigung, Beschäftigungsbeschränkungen, Umfang der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit sowie Dauer der Maßnahme ergeben. Die Bescheinigung muss darüber hinaus die Prognose erhalten, wann voraussichtlich die Wiederaufnahme der Tätigkeit erfolgt. Versäumt es dann der Arbeitgeber schuldhaft, die behinderungsgerechte Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers zu ermöglichen, hat der Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch in Höhe der entgangenen Vergütung.

Donnerstag, 18. Oktober 2018

Was nun: fristgerechte oder außergewöhnliche Kündigung?



Welcher Arbeitgeber kennt das nicht: Da müsste man „eigentlich“ einen Mitarbeiter sofort vor die Tür setzen, will sich aber „sozial“ verhalten. Und das Ende vom Lied ist dann, dass die Justiz den Arbeitgeber dafür noch bestraft. So ähnlich ist es auch in dem Fall des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.6.2018, Az.: 15 Sa 214/18, geschehen.

Eine Arbeitnehmerin hatte einen Arbeitszeitbetrug begangen. Sie hatte ihren Arbeitsbeginn an vier Tagen einfach zu früh in die entsprechende Liste des Arbeitgebers eingetragen. Der Arbeitgeber teilt ihr auch mit, dass nur eine außerordentliche Kündigung Betracht kommen würde. Er bot ihr allerdings an, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Jahres bestehen bleiben könne, damit sie ausreichend Zeit hat, sich eine neue Arbeit suchen.

Dann hörte der Arbeitgeber seinen Personalrat zu einer fristlosen Kündigung an, gegen die die Arbeitnehmerin natürlich klagte.

Das Landesarbeitsgericht war der Auffassung, dass grundsätzlich das Verhalten der Arbeitnehmerin für eine fristlose Kündigung gereicht hätte. Das Problem war aber die Interessenabwägung im Einzelfall, die für den Arbeitgeber des Falls nach hinten losging.

Der Arbeitgeber hatte hier eine soziale Auslauffrist gewährt und die Arbeitnehmerin während dieser Frist tatsächlich weiter beschäftigt. Das lässt aber logischerweise nur den Schluss zu, dass ihm eine Weiterbeschäftigung auch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar gewesen ist. Damit hat aber kein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung mit sofortiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgelegen.

Mehr noch: Eine Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung konnte auch unterbleiben, da der Arbeitgeber seinen Personalrat nur zu der fristlosen Kündigung angehört hatte.

Fazit: Die Weiterbeschäftigung steht der fristlosen Kündigung diametral entgegen und zerstört letztendlich den Kündigungsgrund.