Es gibt Dinge, die sind für einen Arbeitgeber wirklich
nur schwer verständlich. In diesem Fall klagte eine gesetzliche
Krankenversicherung gegen einen Arbeitgeber. Und das kam so:
Ein alkoholabhängiger Arbeitnehmer des Arbeitgebers wurde
mit einer Alkoholvergiftung mit 4,9 Promille in ein Krankenhaus eingeliefert
mit der Folge, dass er zehn Monate arbeitsunfähig war. Zuvor hatte er bereits
zwei stationäre erfolglose Entzugstherapien durchgeführt. Der Arbeitgeber
weigerte sich, eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu zahlen und deshalb
leistete die Krankenkasse Krankengeld. Das verlangte sie nun aus einem
übergegangenen gesetzlichen Recht von der Arbeitgeberin. Sie war nämlich der
Auffassung, dass ein Entgeltfortzahlungsanspruch bestanden hatte. Es habe an
einem Verschulden des Arbeitnehmers für seinen Alkoholkonsum gefehlt.
Schließlich landete die Angelegenheit vor dem
Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 18.03.2015, Az.: 10 AZR 99/14). Es entschied,
dass es sich bei der Alkoholabhängigkeit um eine Krankheit handelt. Und wird
ein Arbeitnehmer infolge der Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig krank, ist
nicht von einem Verschulden im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts auszugehen.
Ein Verschulden des Arbeitnehmers kann nach einer Rehabilitationsmaßnahme nicht
generell ausgeschlossen werden. Im vorliegenden Fall hatte ein Gutachten ein
Verschulden des Arbeitnehmers unter Hinweis auf die langjährige und chronische
Alkoholabhängigkeit ausgeschlossen.
Also: Eine Arbeitsunfähigkeit ist nur dann verschuldet,
wenn ein Arbeitnehmer in erheblichem Maße gegen das von einem verständigen
Menschen in seinem eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt. Nur dann
verliert er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei einem alkoholabhängigen
Arbeitnehmer fehlt es suchtbedingt auch im Fall eines Rückfalls nach einer
Therapie regelmäßig an einem solchen Verschulden - und der Arbeitgeber muss
eine Entgeltfortzahlung leisten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen