Mittwoch, 27. Mai 2015

Arbeitsunfähigkeit eines alkoholabhängigen Arbeitnehmers

Es gibt Dinge, die sind für einen Arbeitgeber wirklich nur schwer verständlich. In diesem Fall klagte eine gesetzliche Krankenversicherung gegen einen Arbeitgeber. Und das kam so:

Ein alkoholabhängiger Arbeitnehmer des Arbeitgebers wurde mit einer Alkoholvergiftung mit 4,9 Promille in ein Krankenhaus eingeliefert mit der Folge, dass er zehn Monate arbeitsunfähig war. Zuvor hatte er bereits zwei stationäre erfolglose Entzugstherapien durchgeführt. Der Arbeitgeber weigerte sich, eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu zahlen und deshalb leistete die Krankenkasse Krankengeld. Das verlangte sie nun aus einem übergegangenen gesetzlichen Recht von der Arbeitgeberin. Sie war nämlich der Auffassung, dass ein Entgeltfortzahlungsanspruch bestanden hatte. Es habe an einem Verschulden des Arbeitnehmers für seinen Alkoholkonsum gefehlt.

Schließlich landete die Angelegenheit vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 18.03.2015, Az.: 10 AZR 99/14). Es entschied, dass es sich bei der Alkoholabhängigkeit um eine Krankheit handelt. Und wird ein Arbeitnehmer infolge der Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig krank, ist nicht von einem Verschulden im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts auszugehen. Ein Verschulden des Arbeitnehmers kann nach einer Rehabilitationsmaßnahme nicht generell ausgeschlossen werden. Im vorliegenden Fall hatte ein Gutachten ein Verschulden des Arbeitnehmers unter Hinweis auf die langjährige und chronische Alkoholabhängigkeit ausgeschlossen.


Also: Eine Arbeitsunfähigkeit ist nur dann verschuldet, wenn ein Arbeitnehmer in erheblichem Maße gegen das von einem verständigen Menschen in seinem eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt. Nur dann verliert er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei einem alkoholabhängigen Arbeitnehmer fehlt es suchtbedingt auch im Fall eines Rückfalls nach einer Therapie regelmäßig an einem solchen Verschulden - und der Arbeitgeber muss eine Entgeltfortzahlung leisten.

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