Freitag, 24. November 2017

Das ist beim Arbeitszeugnis wirklich erlaubt!



Ihre Beschäftigten haben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Das Zeugnis darf dabei keine Formulierungen enthalten, die einen anderen Zweck haben, als eine aus der äußeren Form oder dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen (Grundsatz der Zeugnisklarheit). Verstößt ein Arbeitgeber dagegen, muss er mit einer erfolgreichen Klage seines Mitarbeiters rechnen:
Ein Arbeitnehmer war knapp 3 Jahre lang als Mitarbeiter im „SAP Competence Center“ beschäftigt. Der Arbeitgeber erteilte dem Mitarbeiter anschließend ein Zeugnis. Dieses enthielt unter anderem folgenden Passus:

Wir haben den Beschäftigten als sehr interessierten und hoch motivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte. Er war jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Er erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.
Der Arbeitnehmer wandte sich mit einer Klage gegen die Formulierung „kennen gelernt“; diese werde in der Berufswelt überwiegend negativ verstanden. Der Arbeitgeber gebe so verschlüsselt zu erkennen, dass er das Gegenteil meine.

Doch der Arbeitnehmer verlor. Für einen objektiven Leser hat die Formulierung „kennen gelernt“ nach Ansicht der BAG-Richter nicht die Bedeutung, dass der Arbeitgeber dem Beschäftigten in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation bescheinigen will (Az. 9 AZR 386/10).

Fazit: Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie diese Formulierung künftig verwenden wollen, zumal Sie als Zeugnisaussteller in der Wortwahl frei sind.

Mittwoch, 22. November 2017

Und wie lang sind Ihre Kündigungsfristen?



Was die Arbeitgeberin dieses Falls sich bei einer Vertragsgestaltung in ihrem Arbeitsvertrag gedacht hat, bleibt rätselhaft. Interessant ist dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts allerdings für alle Arbeitgeber (Urteil vom 26.10.2017, Az.: 6 AZR 158/16).

Der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien bestand seit dem Jahr 2009 und wurde dann im Jahr 2012 durch eine Ergänzungsvereinbarung geändert. Darin legten Arbeitnehmer und Arbeitgeberin fest, dass neben einer Lohnerhöhung auch eine 3-jährige-Kündigungsfrist von beiden Parteien einzuhalten sein sollte.

Dann erfuhr der Arbeitnehmer allerdings, dass die Arbeitgeberin auf mehreren PCs eine Spionagesoftware installiert hatte und so verbotenerweise und ohne die Arbeitnehmer zuvor zu informieren diese ausspähte.

Der Arbeitnehmer kündigte daraufhin ein Arbeitsverhältnis, hielt allerdings naturgemäß die 3-Jahres-Frist nicht ein. Daraufhin verklagte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer auf Feststellung, dass die Kündigung erst drei Jahre später wirken sollte.

Das Bundesarbeitsgericht kam jedoch dazu, dass die vereinbarte Kündigungsfrist unwirksam war. Bei einer von der Arbeitgeberin vorformulierten Kündigungsfrist, die wesentlich länger ist als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB ist, muss nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls geprüft werden, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt. Diese ist Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz besonders geschützt.

Und hier haben die Richter einen Gesetzesverstoß angenommen. Der Arbeitnehmer musste die lange Kündigungsfrist nicht einhalten, obwohl diese für beide galt.

Denn: Nur die Verlängerung einer Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer, ohne dass dieses auch für den Arbeitgeber gelten würde, wäre schlichtweg unwirksam gewesen.


Freitag, 17. November 2017

Beenden Sie für sich die Arbeitszeitdiskussion.



Führen Sie ein neues Arbeitszeitmodel ein,
Ein gutes Arbeitszeitmodell finden Sie nicht von der Stange. Es sollte maßgeschneidert auf Ihr Unternehmen, Ihre Ziele, Ihre Rahmenbedingungen und auch Ihre Beschäftigten zugeschnitten sein – und daher auch regelmäßig überprüft werden, ob es denn noch passt.
Ihr neues Modell sollte dabei die rechtlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Anforderungen und die Bedarfe der Beschäftigten berücksichtigen.

Mein Tipp:
Bilden Sie zu Beginn eine Arbeitsgruppe, in der sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte vertreten sind. Ziehen Sie einen qualifizierten Arbeitszeitberater hinzu, wenn Sie unsicher sind, wie ein für alle Seiten gutes Modell aussehen könnte. Achten Sie darauf, dass der Berater nicht nur über fachliche Kenntnisse verfügt, sondern auch zwischen Interessen vermitteln kann.

Starten Sie mit einer gemeinsamen Bestandsaufnahme:
Was läuft gut? Und was wünschen wir uns anders? Was soll ein neues Modell ermöglichen? Und was befürchten wir und wollen es auf keinen Fall?

Legen Sie die Rahmenbedingungen fest:
Welche betrieblichen Erfordernisse bestehen? Haben wir heute schon genügend Personal? Müssen wir aufbauen oder abbauen? Erarbeiten Sie dann mögliche Modelle im Team, und diskutieren Sie Vor- und Nachteile.

Mein Tipp:
Auch hier lohnt sich häufig Input von außen. Binden Sie alle Mitarbeiter ein, wenn sie sich in der Gruppe auf ein Modell geeinigt haben. Halten Sie das Modell schriftlich fest Setzen Sie eine Testphase. Sie kann je nach Modell zwischen 2 Monaten und einem Jahr dauern: Was muss nachjustiert werden? Welche Ereignisse aus dem Alltag sind bei der Planung nicht bedacht worden?

Dokumentieren Sie die endgültige Lösung als Betriebsvereinbarung oder als Arbeitszeitregel. Besprechen Sie einmal jährlich im Team, ob das Modell noch praktikabel ist oder ob Änderungen erforderlich sind.

Risiken, die Sie kennen sollten
„Grandios gescheitert!“ – so schildert der Geschäftsführer eines Handelsunternehmens seine Erfahrungen mit einem Zeitkonto. Zum Nutzen des Unternehmens, aber auch der Mitarbeiter hatte er ein Zeitkonto eingeführt. Damit sollten Auftragsspitzen abgefangen werden und die Mitarbeiter in arbeitsarmen Monaten mehr Freizeit haben. Der Fehler:

Das Zeitkonto ermöglichte bis zu 200 Überstunden und war zeitlich unbegrenzt gültig. Was geschah? Ein großer Teil der Beschäftigten begann, Überstunden zu horten, auch in Zeiten, in denen keine Mehrarbeit erforderlich war. Man sparte für schlechte Zeiten oder für den 5 Wochen langen Urlaub. Da keine Notwendigkeit bestand, Überstunden wieder abzubauen, gingen die Beschäftigten auf Nummer sicher. In einer Beratung wurde das Modell so abgewandelt, dass das Konto einmal jährlich ausgeglichen werden muss. Außerdem schaltet sich der Vorgesetzte nun automatisch ein, wenn ein Mitarbeiter die 100-Stunden-Schwelle erreicht, und erarbeitet mit dem Betroffenen Wege, wieder Normalarbeitszeiten zu erreichen.

Wichtig:
 
Je flexibler ein Arbeitszeitmodell ist, desto mehr muss die Kommunikationskultur im Unternehmen „stimmen“. Anders als bei „9-to-5“ erfordert Flexibilität auch Abstimmung untereinander: Wenn ich morgens später komme, wer betreut das Telefon? Wenn ich zu Hause bei meinem kranken Kind bleibe, was kann ich von zu Hause erledigen? Auch das Vertrauen zueinander muss stimmen. Schnell kann sonst der Eindruck entstehen, dass einzelne Mitarbeiter sich zulasten der Kollegen optimale Arbeitszeiten herausnehmen. Die direkt vorgesetzte Führungskraft muss hier im Zweifel vermitteln oder entscheiden

Mittwoch, 15. November 2017

Kündigung bei schlechten Arbeitsleistungen?


Wenn Arbeitnehmer nicht die gewollte Arbeitsleistung erbringen, kann das unterschiedlichste Ursachen haben. Zum Mittel der Kündigung darf ein Arbeitgeber immer erst ganz zum Schluss greifen (Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 25.08.2017, Az.: 3 Ca 1305/17).

Ein Arbeitgeber, eine Autoreparaturwerkstatt, warf einem seiner Arbeitnehmer vor, bei einem Kfz-Werkstatttest nur vier von sechs Fehlern erkannt sowie bei einem Auftrag anstehende Servicearbeiten nicht durchgeführt zu haben. Nach drei vorausgegangenen Abmahnungen sprach der Arbeitgeber eine Kündigung wegen der schlechten Arbeitsleistungen aus. Der Arbeitnehmer erhob eine Kündigungsschutzklage.

Und so sah man sich vor Gericht wieder. Das Arbeitsgericht Siegburg gab dem Arbeitnehmer Recht und bestätigte die Kündigungsschutzklage. Denn der Arbeitgeber hatte weder die Leistungen des Arbeitnehmers über einen repräsentativen Zeitraum noch die Fehlerquote vergleichbarer Arbeitnehmer dargelegt. Und so konnte das Gericht nicht erkennen, ob der Arbeitnehmer seine vertraglichen Verpflichtungen vorwerfbar verletzt hatte oder nicht.

Grundsätzlich gilt: Die verhaltensbedingte Kündigung gegenüber einem leistungsschwachen Arbeitnehmer kann zwar nach § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten dadurch vorwerfbar verletzt, dass er fehlerhaft arbeitet. Ein Arbeitnehmer genügt aber – mangels anderer Vereinbarungen – seiner Vertragspflicht, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet. Er verstößt gegen seine Arbeitspflicht nicht allein dadurch, dass er die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit aller Arbeitnehmer überschreitet. Ein Arbeitnehmer muss tun, was er kann, und zwar so gut, wie er es kann.

Allerdings kann die längerfristige deutliche Überschreitung der durchschnittlichen Fehlerquote je nach tatsächlicher Fehlerzahl, Art, Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine vertraglichen Pflichten verletzt. Will der Arbeitgeber kündigen, muss er darlegen können, dass bei dem Arbeitnehmer eine die Durchschnittsleistung erheblich unterschreitende Leistung vorliegt.


Bei Fragen "Rund ums Personal" rufen Sie mich an 02365-9740897, ich helfe gerne. Keine Rechtsberatung!

Freitag, 10. November 2017

Fristlose Kündigung bei sexueller Belästigung?


Manche Arbeitnehmer haben es nicht anders verdient als eine Kündigung zu erhalten. Doch selbst bei diesem unglaublichen Fall steht noch nicht endgültig fest, ob die Kündigung durchgeht. Denn das Bundesarbeitsgericht hat die Angelegenheit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, damit dieses nochmals eine Interessenabwägung vornehmen kann. Ob das wirklich nötig ist? Aber lesen Sie selbst diesen Fall (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.06.2017, Az.: 2 AZR 302/16)!

In einem Stahlwerk fasste ein Arbeitnehmer einem Leiharbeiter von hinten zwischen die Beine in den Genitalbereich mit einem schmerzhaften Griff. Anschließend teilte er ihm mit, dass der Leiharbeiter „dicke Eier“ habe. Dieser teilte den Vorfall der Geschäftsleitung mit und der Arbeitnehmer des Stahlwerks wurde entlassen. Allerdings klagte dieser gegen die Kündigung.

Nach dem Bundesarbeitsgericht stellte das Verhalten des Arbeitnehmers grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Es lag eine sexuelle Belästigung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vor.

Ob die Handlung sexuell bestimmt war, hängt nicht allein vom subjektiven Ziel des Täters ab. Es ist daher auch keine sexuelle Motivation des Handelnden erforderlich. Bei sexuellen Belästigungen am Arbeitsplatz steht häufig eher die Machtausübung im Vordergrund. Maßgeblich ist daher nur, ob das Verhalten die Würde des Betroffenen verletzt.

Also: Bei der absichtlichen Berührung von Geschlechtsteilen kommt es auf die sexuelle Motivation des Täters nicht an. Es handelt sich in jedem Fall um einen verbotenen Eingriff in die Intimsphäre.



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