Dienstag, 20. Oktober 2015

Eine Kündigung wegen In-vitro-Fertilisation ist diskriminierend

Die Schwangerschaft von Arbeitnehmerinnen kann für den Arbeitgeber durch Arbeitsausfall und krankheitsbedingte Abwesenheit eine erhebliche Belastung darstellen. Eine auf die Schwangerschaft gestützte Kündigung ist dennoch meist unwirksam.

Der Fall: Eine Arbeitnehmerin war als Balletttänzerin bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Die Arbeitnehmerin versuchte über einen längeren Zeitraum, durch verschiedene ärztliche Behandlungen ihre Chancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen. Durch die Behandlungen kam es immer wieder zu krankheitsbedingten Fehlzeiten. Der Arbeitgeber beendete das Arbeitsverhältnis und berief sich darauf, dass aufgrund der Fehlzeiten die Verlässlichkeit, Einsetzbarkeit und Belastbarkeit bei der Arbeitnehmerin nicht mehr gewährleistet seien. Die Arbeitnehmerin wandte ein, dass die Beendigung nur wegen der anstehenden Schwangerschaft erfolgt sei und es sich dabei um eine geschlechtsbezogene Diskriminierung handele.

Das Urteil: Das sah das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln genauso. Es sei offensichtlich, dass das Arbeitsverhältnis wegen der anstehenden Schwangerschaft beendet wurde. Dabei handele es sich um eine Diskriminierung wegen des Geschlechts (LAG Köln, Urteil vom 03.06.2014, Az.: 12 Sa 911/13).

Diskriminierungsschutz bei Schwangerschaft

Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz ist eine Benachteiligung wegen einer Schwangerschaft ein Unterfall der Geschlechterdiskriminierung. Damit soll die Schwangere insbesondere vor einer Kündigung oder Nichteinstellung aufgrund ihrer Schwangerschaft geschützt werden. Der Schutz greift allerdings nicht erst mit der Schwangerschaft an sich ein. Auch ärztliche Behandlungen im Vorfeld einer Schwangerschaft zur Erhöhung der Fruchtbarkeit oder In-vitro-Fertilisationen und daraus resultierende Fehlzeiten können bereits den Diskriminierungsschutz auslösen.

Wichtig:
Eine Kündigung aus anderen, insbesondere verhaltensbedingten Gründen, ist zumindest bis  zum Eintritt des Mutterschutzes weiterhin möglich. Bei einer In-vitro-Fertilisation tritt dieser allerdings mit dem Einsetzen der Eizelle ein (BAG, Urteil vom 26.3.2015, Az. 2 AZR 237/14).

Indizien für Geschlechterdiskriminierung

Folgende Anhaltspunkte haben die Arbeitsgerichte in der Vergangenheit als Indiz für eine geschlechtsspezifische Diskriminierung bei Einstellungen und Beförderungen gewertet:
- nicht geschlechtsneutral formulierte Stellenausschreibungen, wie Büroleiter statt Büroleiterin
- negative Äußerungen des Arbeitgebers, die einen Bezug zum Geschlecht zur Schwangerschaft oder Elternzeit aufweisen
- extrem einseitige Personalstruktur (z.B. alle Abteilungsleiter sind männlich) – hier kommt es aber darauf an, welche Frauenquote im Betrieb überhaupt vorliegt und wie hoch der Anteil qualifizierter Frauen für die Hierachieebene ist. 

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