Montag, 13. August 2018

Das Mitarbeitergespräch bei der Verdachtskündigung: Muss das eigentlich sein?



Ist es eigentlich richtig, dass wir mit unseren Arbeitnehmern im Fall einer Verdachtskündigung stets ein Gespräch führen müssen? Wir haben hier einen Fall der sexuellen Belästigung – und mit dem Mitarbeiter möchte ich gar nicht mehr sprechen!
Zunächst etwas Grundsätzliches zur Frage, was eine Verdachtskündigung eigentlich ist. In aller Regel muss dem Arbeitnehmer ein Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten nachgewiesen werden. Dann wird von einer sogenannten Tatkündigung gesprochen. Das ist sicherlich der Regelfall. Möglich ist aber auch eine Kündigung aufgrund des bloßen Verdachts einer Pflichtverletzung. Als Kündigungsgrund reicht dann schon die Vermutung aus, dass ein Arbeitnehmer gegen arbeitsrechtliche Pflichten verstoßen hat. Es müssen jedoch objektive, also nachweisbare Tatsachen den starken Verdacht eines erheblichen Pflichtverstoßes begründen (z. B. Diebstahl oder körperliche Gewalt am Arbeitsplatz) und der Arbeitgeber muss versuchen, den Sachverhalt hinreichend aufzuklären und hat dafür auch den verdächtigen Arbeitnehmer anzuhören.

Sie sehen also, das Verhältnis zwischen Tatkündigung und Verdachtskündigung ist nicht ganz einfach.

Zu Ihrer Frage: Eine schriftliche Anhörung ist natürlich auch möglich. Die Frist zur Stellungnahme muss dann aber ausreichend lang sein, wie das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein festgestellt hat (Urteil vom 21.03.2018, Az.: 3 Sa 398/17):

Ein Ingenieur war längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt und hatte nach einer ganzen Reihe von Rechtsstreitigkeiten mit seinem Arbeitgeber mit seinem Firmenlaptop eine größere Datenmenge während des Arbeitsunfähigkeitszeitraums heruntergeladen. An einem Donnerstagabend erreichte den Ingenieur die Bitte des Arbeitgebers zur Stellungnahme. Auch war ihm eine Frist gesetzt worden, nämlich bis zum nächsten Montag um 13:00 Uhr. Als der Ingenieur die Frist verstreichen lassen hatte, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Sie sprach eine Verdachtskündigung aus.

Die ließ das Landesarbeitsgericht aber nicht durchgehen: Vor einer Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in jedem Fall anhören. Hier hatte er ihm eine Frist zur Stellungnahme gesetzt. Die gesetzte Frist zur Stellungnahme zu den Vorwürfen mit nicht einmal zwei vollen Arbeitstagen bis Montagmittag war unangemessen und zu kurz berechnet. Deshalb war die Kündigung unwirksam.

Aufgepasst: Sie haben ja im Fall einer fristlosen Kündigung nur 2 Wochen Zeit, um die Kündigung auszusprechen. Da kann eine schriftliche Stellungnahme sehr problematisch werden!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen