Dienstag, 9. Juni 2015

Überstunden: Deutsche leisten die meisten


Im letzten Jahr hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erstmalig ermittelt, wie viele Überstunden bei den deutschen Arbeitnehmern zusammengekommen sind: Im ersten Halbjahr waren es 373 Millionen bezahlte und 534 Millionen unbezahlte Stunden.

EU-Sozialkommissar László Andor sagte der Tageszeitung "Die Welt", es gebe in keinem Land der Euro-Zone einen so großen Unterschied zwischen tarifvertraglich vereinbarter wöchentlicher Arbeitszeit und tatsächlich geleisteter wie in Deutschland.

Laut EU-Studien liege die vereinbarte Arbeitszeit in Deutschland bei 37,7 Stunden in der Woche, tatsächlich hätten die Beschäftigten aber 40,5 Stunden gearbeitet. Und das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) lässt zwar Spielraum, aber nicht unbegrenzt.

Einige Beschäftigte sind gemäß § 18 von den Regelungen des ArbZG ausgenommen, zum Beispiel leitende Mitarbeiter. Außerdem ist für die Arbeitszeiten von Mitarbeitern unter 18 Jahren das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und von Seeleuten das Seearbeitsgesetz (SeeArbG) zuständig.

Ansonsten gelten folgende Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes:

Der Arbeitstag hat acht Stunden (§ 3). Längere Arbeitszeiten muss der Arbeitgeber aufzeichnen und die Nachweise mindestens zwei Jahre aufbewahren (§ 16).
Der Arbeitstag kann auf zehn Stunden ausgedehnt werden, aber nur, wenn er über sechs Monate bzw. 24 Wochen durchschnittlich nicht länger als acht Stunden dauert (§ 3). Eine längere Arbeitszeit ist allerdings möglich, wenn regelmäßig ein großer Teil der Arbeitszeit aus Bereitschaftsdienst besteht (§ 7).
Ohne Pause darf nicht länger als sechs Stunden gearbeitet werden, § 4 gibt verschiedene Pausenlösungen vor. Bei Schichtarbeit oder in Verkehrsbetrieben sind gemäß § 7 auch Kurzpausen möglich.
Nach einem Arbeitstag muss für elf Stunden Ruhe sein, und zwar ohne Unterbrechung. In wenigen Branchen kann die Ruhezeit auf zehn Stunden gekürzt bzw. in Pflegediensten während der Rufbereitschaft ausgeglichen werden (§ 5).
An Sonn- und Feiertagen wird nicht gearbeitet (§ 9). Hier sieht § 10 allerdings für viele Branchen Ausnahmen vor. Aber an mindestens 15 Sonntagen im Jahr müssen die Mitarbeiter frei haben, und Arbeit an Sonn- und Feiertagen müssen sie in Ruhetagen ersetzt bekommen - Sonntage binnen zwei und Feiertage binnen acht Wochen (§ 11). Auch hier gibt es allerdings für einige Branchen Ausnahmen (§ 12).

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) weist darauf hin, Klauseln in Arbeitsverträgen wie "Mehrarbeit ist mit dem Gehalt abgegolten" seien häufig unwirksam.

Gut bezahlte Fach- und Führungskräfte müssten allerdings ein gewisses Maß an Überstunden in Kauf nehmen. Die Einstufung als "gut bezahlt" hat das Bundesarbeitsgericht laut DAV auf ein Jahresgehalt von 71.400 Euro in West- und 60.000 Euro in Ostdeutschland festgelegt.

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