Mittwoch, 9. September 2015

Darf ich meinen Chef, im Streit, anschwärzen?

Gekündigt und frustriert: Wer aus seinem Unternehmen fliegt, neigt manchmal dazu, Unterlagen des Noch-Arbeitgebers mitzunehmen. 
Warum das ein heikles Unterfangen ist:
Im  Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus einem Arbeitsverhältnis trifft man häufig auf ein steigendes Interesse der Mitarbeiter an den Geschäftsunterlagen ihres Noch-Arbeitgebers. Bei einem bevorstehenden Wechsel zur Konkurrenz oder Streit um die Wirksamkeit einer Kündigung neigen manche Arbeitnehmer dazu, betriebliche Unterlagen und Daten ohne Rücksprache mit dem Arbeitgeber zu kopieren und mit nach Hause zu nehmen.
Ein solches Verhalten ist nicht ohne Risiken für die Datensammler. Es drohen arbeitsrechtliche und auch strafrechtliche Konsequenzen.
Das bekam jüngst der Leiter Finanzbuchhaltung eines Unternehmens zu spüren. Ihm war betriebsbedingt gekündigt worden. In dem sich anschließenden Kündigungsschutzverfahren stellte er in Aussicht, dem Arbeitsgericht interne, sich in seinem Besitz befindliche steuerliche Unterlagen vorzulegen, falls der Arbeitgeber nicht zum Vergleich bereit sei. Die Unterlagen sollten geeignet sein, „schmutzige Wäsche zu waschen“ und steuerliche Unkorrektheiten der Gesellschafter nachzuweisen. Diesen Umstand nahm der Arbeitgeber zum Anlass, das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen.
Geheimhaltungsinteresse verletzt!
Zwar hielt das Bundesarbeitsgericht (BAG) die außerordentliche Kündigung in diesem Fall für unwirksam. Dennoch stellte es in seinem aktuellen Urteil (Az.: 2 AZR 249/13) unmissverständlich fest: Ein Arbeitnehmer darf sich betriebliche Unterlagen und Daten seines Arbeitgebers nicht aneignen und für betriebsfremde Zwecke verwenden. Dies folge aus der jedem Arbeitsvertrag immanenten Rücksichtnahmepflicht. Verstöße gegen diese Nebenpflicht verletzen das Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers und können ihn zur außerordentlichen Kündigung berechtigen.
Bei der Bewertung, ob das Kopieren der internen Unterlagen als Kündigungsgrund ausreicht, spielen auch die dahinterstehenden Motive eine Rolle: Sollen etwa Betriebsgeheimnisse bei einem Konkurrenten verwertet werden, wiegt der Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers besonders schwer. Dabei ist das unbefugte Sichern solcher Daten sogar strafbewehrt. Aber auch dann, wenn ein Arbeitnehmer betriebliche Unterlagen kopiert und mit nach Hause nimmt, um seine Chancen in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren zu erhöhen, kann ihn das seine Stelle kosten. Denn die Wahrnehmung der eigenen, berechtigten Interessen rechtfertigt nicht ohne weiteres die Mitnahme vertraulicher Dokumente aus dem Büro.
Sind dem Arbeitnehmer Unterlagen des Arbeitgebers bekannt, die in einem Prozess für ihn sprechen könnten, kann er die Vorlage dieser Unterlagen von ihm verlangen. Er muss daher nicht zur „Selbsthilfe“ greifen und die Unterlagen mit nach Hause nehmen.

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