Freitag, 11. August 2017

In diesen zwei Fällen können Sie als Arbeitgeber Überstunden anordnen.



Überstunden (auch Überarbeit oder Überschichten genannt) sind die Arbeitsstunden, die ein Mitarbeiter über seine tariflich, einzelvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung festgelegte, individuelle Arbeitszeit hinaus erbringt (vgl. BAG, 8. 11. 1989, 5 AZR 642/88).
Beispiel:
Wer laut Tarif- oder Arbeitsvertrag eine 38,5-Stunden-Woche hat, tatsächlich aber 40 Stunden gearbeitet hat, hat in der Woche 1,5 Überstunden geleistet.

Überstunden kommen in der Praxis dadurch zustande, dass Mitarbeiter sie automatisch von sich aus leisten – etwa wegen des hohen Arbeitsanfalls – oder dass Sie als Arbeitgeber diese zusätzliche Arbeit ausdrücklich anordnen. Die letztgenannten Überstunden müssen Ihre Arbeitnehmer aber nur dann leisten, wenn

- in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Einzelarbeitsvertrag die Bereitschaft zu Überstunden ausdrücklich vereinbart ist  oder
- die Überstunden durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt sind.
 
Für einen Teilzeitmitarbeiter gilt hier unter Umständen eine Ausnahme: Gibt es keine vertragliche Pflicht, Überstunden zu erbringen, dürfen Sie einem Teilzeitmitarbeiter keine Überstunden aufbürden, wenn die Teilzeitvereinbarung aufgrund der Interessen des Arbeitnehmers veranlasst wurde (etwa, weil er seine Familie betreuen muss oder noch eine andere Arbeitsstelle hat). Denn hat Ihr Mitarbeiter sich für eine Teilzeitarbeit entschieden, hat er damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er seine Arbeitskraft nur für diese beschränkte Stundenzahl zur Verfügung stellen will (LAG Frankfurt, 28. 1. 1988, 9 Sa 1662/87).
Anders kann es allerdings aussehen, wenn die Teilzeitregelung auf rein betrieblichen Gründen basiert, etwa wenn mangels ausreichender Arbeit einem Wunsch des Arbeitnehmers nach Vollbeschäftigung nicht entsprochen werden konnte. In diesem Fall könnten Sie wie bei einer Vollzeitkraft die Leistung von Überstunden anordnen.

Fall 1: Überstunden sind vereinbart
Die Anordnung von Überstunden wird Ihnen – gegebenenfalls auch bei Teilzeitkräften (siehe oben) – wesentlich leichter fallen, wenn Sie eine entsprechende Regelung vereinbart haben. Diese sollte
- die Verpflichtung zur Ableistung von Überstunden,
- eine Aussage zur etwaigen Überstundenvergütung und
- eventuell die Modalitäten eines Freizeitausgleichs

enthalten. Eine solche Klausel hat dann den Vorteil, dass Sie nicht jedes Mal betriebliche Erfordernisse nachweisen müssen, wenn Sie Überstunden anordnen wollen. Schließlich können die Meinungen darüber, wann Überstunden betrieblich notwendig sind und wann nicht, im Einzelfall stark auseinandergehen. Aber auch eine Überstundenvereinbarung ist kein Freibrief, mit dem Sie zusätzliche Arbeitszeit nach Belieben anordnen können. Vielmehr können Sie Überstunden auch mit einer solchen Vereinbarung nur nach billigem Ermessen festlegen (§ 315 BGB). Das heißt: Sie müssen die betrieblichen Interessen und die Interessen Ihres Mitarbeiters sorgfältig gegeneinander abwägen.

Fall 2: Überstunden sind betrieblich notwendig

Haben Sie keine einzel- oder kollektivvertragliche Überstundenregelung getroffen bzw. gibt es keine Betriebsvereinbarung über die Ableistung von Überstunden, müssen Ihre Mitarbeiter nur die Zusatzarbeit leisten, die aus dringenden betrieblichen Gründen anfällt.

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