Die Dauer der Probezeit steht immer wieder im Fokus
arbeitsrechtlicher Diskussionen. Dabei ist die Ausgangslage oftmals identisch:
Die Parteien des Arbeitsvertrages haben ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vereinbart,
welches mit einer Probezeit von sechs Monaten beginnt. Die Probezeit neigt sich
dem Ende zu, ohne dass sich der Vorgesetze ein genaues Bild über die fachlichen
und persönlichen Qualifikationen des neuen Arbeitnehmers machen konnte.
Möglicherweise benötigt der Mitarbeiter noch Zeit für die Einarbeitung oder er
war während der Probezeit krankheitsbedingt abwesend oder es kam innerhalb der
Probezeit zu einem Wechsel des Vorgesetzten.
Verlängerung der Probezeit über 6 Monate
Bei
einer Probezeitverlängerung über 6 Monate sieht sich der Arbeitgeber dann
häufig in der "Zwickmühle", sofern er dem Arbeitnehmer eine weitere
Chance zur Bewährung einräumen will, sich andererseits die einfache Möglichkeit
zur Kündigung des Mitarbeiters bewahren möchte. Diese ist dadurch gegeben, dass
während der Probezeit, welche nach der gesetzlichen Wertung des § 622 Abs. 3
BGB1 generell für maximal sechs Monate besteht, einem Arbeitnehmer
von seinem Arbeitgeber ohne die Angabe von Gründen mit einer Frist von zwei
Wochen gekündigt werden kann.
Probezeit verlängern – so geht's
Zwar
ist eine Verlängerung der Probezeit theoretisch möglich. Sie scheitert in
praktischer Hinsicht aber daran, dass bei einem Überschreiten der
sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG in Betrieben mit mehr als zehn
Mitarbeitern der allgemeine Kündigungsschutz einsetzt. Ab einer
Beschäftigungsdauer von sechs Monaten muss die Kündigung eines Mitarbeiters
sozial gerechtfertigt sein, d. h. sie kann nur aus personen-, verhaltens- oder
betriebsbedingten Gründen erfolgen.
Als
Ausweg scheint zunächst eine nachträgliche Befristung des Arbeitsverhältnisses
denkbar. Denn nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG kann mit einem Arbeitnehmer auch ohne
sachlichen Grund eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses auf bis zu 2 Jahre
vereinbart werden. Vorliegend hilft dies aber deswegen nicht weiter, weil eine
solche Befristung unzulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor bereits
ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, § 14 Abs.
2. S. 2 TzBfG. Eine Lösung der Problematik "Probezeit" über die
Befristungsmöglichkeit kommt also nur dann in Betracht, wenn mit einem
Mitarbeiter von vornherein ein befristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen
wird.
Die Möglichkeiten zur Probezeitverlängerung
Mit
einem Urteil vom 7.3.2002 hat das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 93/01) zwei
mögliche Auswege aus dieser Situation aufgezeigt:
1.
Probezeitverlängerung durch Kündigung mit erweiterter Kündigungsfrist
Der
Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis noch bis zum letzten Tag der Probezeit
ordentlich kündigen, wobei er jedoch als Kündigungsfrist2 nicht die
kurze Probezeitkündigungsfrist von zwei Wochen zu Grunde legt, sondern eine
überschaubare längere Frist, innerhalb derer der Arbeitnehmer eine weitere
Chance erhält, sich zu bewähren. Gleichzeitig muss der Arbeitgeber eine
aufschiebend bedingte Wiedereinstellungszusage erklären, und zwar darauf
gerichtet, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fortgesetzt wird,
sofern sich dieser innerhalb der verlängerten Kündigungsfrist bewährt.
Hinsichtlich
der Länge dieser "neuen" Kündigungsfrist hat das BAG darauf
abgestellt, dass diese unterhalb der längsten einschlägigen tariflichen
Kündigungsfrist liegen muss. Gilt kein Tarifvertrag, dürfte die längste
gesetzliche Kündigungsfrist maßgebend sein. Die gesetzliche Kündigungsfrist des
§ 622 Abs. 2 BGB beträgt bis zu sieben Monate. Das BAG hatte in der konkreten
Entscheidung nur über eine Verlängerung der Kündigungsfrist von vier Monaten zu
befinden und hierzu ausdrücklich festgestellt, dass ein solcher Zeitraum im
Regelfall zur weiteren Erprobung ausreichend sei. Daher sollte über diesen
Zeitrahmen nicht allzu weit hinausgegriffen werden.
Weil
die Verlängerung dieser Kündigungsfrist nicht im einseitigen
Arbeitgeberinteresse liegen darf, ist ausdrücklich und in nachweisbarer Art (am
besten ausdrücklich in der schriftlichen Kündigungserklärung) darauf
hinzuweisen, dass die Verlängerung der Kündigungsfrist nur der weiteren
Erprobung dient und damit auch im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Wird eine
aufschiebend bedingte Wiedereinstellungszusage nicht erteilt, kann dies als
Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes3 gewertet werden. Die Folge
wäre, dass der Kündigungsschutz dann zur Anwendung gelangt, weil die
Sechs-Monate-Wartezeit überschritten ist.
2.
Probezeitverlängerung durch Aufhebungsvertrag mit erweiterten
Beendigungszeitpunkt
Alternativ
kann der Arbeitgeber noch während der Probezeit einen Aufhebungsvertrag mit dem
Arbeitnehmer schließen, in dem ein Beendigungszeitpunkt vereinbart wird, der
die kurze zweiwöchige Probezeitkündigungsfrist angemessen überschreitet.
Auch
hier ist zu beachten, dass die Verlängerung der Probezeit nur dann zulässig
ist, wenn es allein um die weitere Erprobung des Mitarbeiters geht. Mithin ist
eine bedingte Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung des
Mitarbeiters ebenfalls unerlässlich. Des Weiteren gilt auch hier, dass der
Verlängerungszeitraum unterhalb der längsten einschlägigen tariflichen oder
gesetzlichen Kündigungsfrist liegen muss. Mit anderen Worten kann auch hier in
der Regel nur eine Verlängerung von bis zu vier Monaten empfohlen werden.
Bei
der Variante des Aufhebungsvertrages ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass
diese unter Umständen für den Arbeitnehmer nachteilig sein kann, weil er im
Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III an der Lösung des
Beschäftigungsverhältnisses mitwirkt. Der Arbeitnehmer trägt daher das Risiko,
dass die Bundesagentur für Arbeit ihn beim Bezug des Arbeitslosengeldes für
eine Dauer von bis zu 3 Monaten sperrt. Insoweit ist aus Arbeitnehmersicht eine
Kündigung mit Verlängerung der Kündigungsfrist vorzuziehen.
Probezeitverlängerung und Arbeitsrecht
Diese
auf den ersten Blick arbeitgeberfreundliche Rechtsprechung in Bezug auf eine
Verlängerung der Probezeit hat jedoch folgenden Nachteil: während der
Arbeitgeber bei Kündigungen im Rahmen der Probezeit ein gerichtlich nicht
nachprüfbares Ermessen bezüglich der Eignung eines Arbeitnehmers hat, gibt er
diesen Vorteil mit den hier beschriebenen Verlängerungen in gewissem Maße auf.
Denn der Arbeitnehmer erwirbt mit der Verlängerungszusage potenziell die
Möglichkeit, seine "Bewährung" gerichtlich nachprüfen zu lassen.
Möglicherweise
kann der Arbeitgeber im Streitfalle in Erklärungsnot geraten, wenn er der
Auffassung ist, dass sich der Arbeitnehmer während der Verlängerungsphase nicht
bewährt hat, der Arbeitnehmer jedoch anderer Ansicht ist.
Daher
sollte im Ergebnis mit einer solchen Verfahrensart eher Zurückhaltung geübt
werden. Im Zweifel ist spätestens zum letzten Tag der Probezeit gegenüber dem
betreffenden Arbeitnehmer eine Kündigung mit zweiwöchiger Frist auszusprechen.
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