Mittwoch, 21. September 2016

Können Sie in dieser seltsamen Situation eine Kündigung aussprechen?



Ein Leser wollte folgendes wissen:
Ein Mitarbeiter hat uns jetzt seine Krankmeldung eingereicht. Vorher aber hat er gekündigt und seine privaten Sachen aus Schreibtisch und Büro geräumt. Wir gehen davon aus, dass er nicht mehr wiederkommt und die Krankmeldung ein „Fake“ ist. Dürfen wir kündigen? Laut Kündigungsfrist müsste der Mitarbeiter noch bis 30.10. arbeiten.

Die Antwort: Zu dieser Frage gibt es ein interessantes Urteil. Hier hatte die Fachangestellte eines Rechtsanwalts gekündigt. Sie nahm ihre persönlichen Gegenstände mit nach Hause und reichte am nächsten Tag ein Attest ein, weshalb sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr auf der Arbeit erscheinen könne. Der Rechtsanwalt sprach die außerordentliche Kündigung aus. Die Krankheit sei nur vorgetäuscht, sonst hätte sie nicht bereits vorher ihre Gegenstände mitgenommen. Aber:

Das Hessische Landesarbeitsgericht kippte die Kündigung! Der Sachvortrag sei nicht geeignet, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern oder gar zu entkräften (LAG Hessen, Urteil vom 01.12.2012, Az.: 7 Sa 186/12). Seien Sie deshalb mit Ihrer Kündigung vorsichtig!

So gehen Sie vor:

Fälle vorgetäuschter Krankheit sind Dauerthema. Sprechen Sie wegen des begründeten Verdachts eines falschen Attests eine Kündigung aus, müssen Sie vor Gericht konkrete Hinweise darlegen, die diese Annahme unterstützen. Das Bundesarbeitsgericht verlangt von Ihnen nicht den vollen Beweis dafür, dass eine Krankheit nicht vorgelegen hat! Jedoch muss Ihr Vortrag geeignet sein, den Beweiswert des Attests zu erschüttern. Etwa, dass der Arbeitnehmer für den Fall der Nichtgewährung von Urlaub eine Krankheit angekündigt hatte. Dann ist Ihr Angestellter an der Reihe und muss das tatsächliche Vorliegen einer Krankheit vortragen.

Nach einer Kündigung wegen vorgetäuschter Krankheit müssen Sie vor Gericht folgendermaßen vorgehen:

- Tragen Sie konkrete, geeignete Hinweise vor, die zur Annahme eines falschen Attests führen.
- Ist Ihr Vortrag geeignet, den Beweiswert des Attests zu erschüttern, ist der Arbeitnehmer dran; er muss ggf. seinen Arzt von der Schweigepflicht entbinden.
- Erst diesen Sachvortrag müssen Sie dann entkräften.

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