Freitag, 29. April 2016

Kündigung nur bei Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit

Arbeitnehmer, die regelmäßig wegen kurzer Erkrankungen fehlen, sind im Arbeitsleben häufiger anzutreffen. Für Sie als Arbeitgeber ist es dabei schwierig festzustellen, ob tatsächlich eine Erkrankung vorgelegen hat. Allerdings kann sich in bestimmten Fällen der Verdacht aufdrängen, dass der Mitarbeiter lediglich blaugemacht hat. Um gegen den Arbeitnehmer vorgehen zu können, müssen Sie jedoch den Beweiswert der vorgelegten Krankschreibung erschüttern.

Der Fall:
Ein Arbeitnehmer war seit Oktober 2011 bei einem Unternehmen der chemischen Industrie als Maschinenführer tätig. Er meldete sich seit 19.01.2014 arbeitsunfähig krank und gab dabei einen Arbeitsunfall als Ursache an. Er habe sich am Knie verletzt. Beim Lesen der Tageszeitung stellte der Arbeitgeber fest, dass der Arbeitnehmer als Spieler des lokalen Fußballvereins am 13. und 21.04.2014 eingesetzt worden war. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Der Arbeitnehmer habe die Arbeitsunfähigkeit lediglich vorgetäuscht, sich jedenfalls aber genesungswidrig verhalten. Der Mitarbeiter klagte gegen die Kündigungen. Er sei ab März 2014 aufgrund psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig gewesen.

Das Urteil:
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hielt die Kündigungen für unwirksam und gab daher dem Arbeitnehmer Recht. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei hier zwar durch den Einsatz für den Sportverein erschüttert worden. Allerdings habe der Arbeitnehmer seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Nachdem diese als Zeugen vernommen worden waren, gingen die Richter davon aus, dass tatsächlich eine psychische Erkrankung vorgelegen habe. Diese habe auch zur Arbeitsunfähigkeit geführt, stehe aber dem Einsatz bei einem Fußballspiel nicht entgegen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.11.2015, Az.: 7 Sa 672/14).

Sie müssen den Beweiswert des Attests erschüttern!

Ob ein Arbeitnehmer wirklich arbeitsunfähig erkrankt ist, können Sie regelmäßig nicht sicher feststellen. Sie müssen sich zunächst auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlassen. Auf der für Sie bestimmten Bescheinigung ist noch nicht einmal die Art der Erkrankung vermerkt. Dies macht es doppelt schwer, Blaumacher zu überführen. Dennoch ist bei Verdacht auf eine vorgetäuschte Erkrankung eine Kündigung möglich. Allerdings müssen Sie vor Gericht konkrete Umstände darlegen können, die eine solche Vermutung stützen. Die Arbeitsgerichte verlangen von Ihnen nicht den vollen Beweis dafür, dass keine Krankheit vorgelegen hat.

Jedoch muss Ihr Vortrag geeignet sein, den (hohen) Beweiswert des ärztlichen Attests zu erschüttern. Erst dann ist Ihr Mitarbeiter an der Reihe. Er muss das tatsächliche Vorliegen einer Krankheit vortragen und seine Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber hinreichende Gründe, um an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu zweifeln, weil er bis dahin lediglich von Kniebeschwerden ausging. Der Arbeitgeber wurde dann aber von der Diagnose einer psychischen Erkrankung (Depression) überrascht.

Vorgetäuschte Krankheit: Kündigung

Nach einer Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit müssen Sie vor Gericht folgendermaßen vorgehen:

- Tragen Sie konkrete Hinweise vor, die zur Annahme eines falschen Attests führen
- Ist Ihr Vortrag geeignet, den Beweiswert des Attests zu erschüttern, ist der Arbeitnehmer dran; er muss ggf. seinen Arzt von der Schweigepflicht entbinden.
- Erst diesen Sachvortrag müssen Sie dann vollumfänglich entkräften. Parallel hierzu können Sie auch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse einschalten. Dieser prüft in Zweifelsfällen das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit
 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen