Schwerbehinderte Arbeitnehmer dürfen wegen Ihrer Behinderung nicht
benachteiligt werden.
Um
bei Diskriminierungen mögliche Ansprüche einfacher durchzusetzen, sieht das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Beweiserleichterung vor. Zur
Beweislast im AGG entschied nun auch das BAG.
Wer sich als Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber
diskriminiert fühlt, trägt grundsätzlich die Beweislast dafür, dass eine
Benachteiligung vorliegt. Meist gibt es jedoch lediglich Indizien und keine
handfesten Beweise. Gemäß § 22 AGG gilt daher eine
Beweiserleichterung: "Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist,
die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grunds
vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein
Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen
hat".
Den Inhalt dieser Vermutungsregel hat nun das
Bundesarbeitsgericht (BAG) explizit thematisiert und entschieden: Es genügt
nicht die schlichte Möglichkeit, dass die Indizien ursächlich für eine geltend
gemachte Diskriminierung sind. Im konkreten Fall konnte das BAG keine
endgültige Entscheidung treffen, sondern verwies diesen zurück an die
Vorinstanz.
Im zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um einen
Arbeitnehmer, der bei einem Express-Versand und Transport-Service beschäftigt
und bereits seit 2011 als schwerbehinderter Mensch anerkannt war. Als
Kurier arbeitete er in der Woche 27,5 Stunden – mit dem grundsätzlichen
Wunsch seine Stundenanzahl zu erhöhen. Als sein Arbeitgeber im Juni
2013 ein Stundenvolumen von insgesamt 66,5 Stunden – unbefristet – an
14 teilzeitbeschäftigte Kuriere verteilte und entsprechende Änderungsverträge
abschloss, blieben einzig der schwerbehinderte Arbeitnehmer und ein
neuer Kollege unberücksichtigt. Weil er sich wegen seiner Schwerbehinderung
diskriminiert fühlte, klagte der Arbeitnehmer vor Gericht auf eine Erhöhung
seiner wöchentlichen Arbeitszeit unter entsprechender Vertragsänderung.
In der Berufungsinstanz machte er zusätzlich einen
Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG in Höhe der ihm entgangenen
Vergütung geltend. Diesen gestanden ihm die LAG-Richter zu, wiesen die Klage
aber im Übrigen ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Arbeitgebers hatte
vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.
Nach Auffassung der obersten Arbeitsrichter durfte
das Hessische Landesarbeitsgericht der Klage nicht mit der Begründung
stattgeben, es lägen Indizien gemäß § 22 AGG vor, die eine
Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung vermuten ließen und
der Arbeitgeber habe diese Vermutung nicht widerlegt.
Vermutungsregel fordert "überwiegende
Wahrscheinlichkeit"
Das Landesarbeitsgericht habe nämlich verkannt, dass die
Vermutung einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes – hier
also wegen einer Behinderung – nur besteht, wenn Indizien vorliegen, die mit
"überwiegender Wahrscheinlichkeit" darauf schließen lassen, dass ein
in § 1 AGG genannter Grund ursächlich für die Benachteiligung war.
Die vom Landesarbeitsgericht angenommene
"Möglichkeit" einer Ursächlichkeit reiche nicht aus. Aufgrund der
bislang vom LAG getroffenen Feststellungen konnte der Senat den Rechtsstreit
allerdings nicht abschließend entscheiden. Die Sache wurde deshalb zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück verwiesen.
Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Januar
2017, Az. 8 AZR 736/15; Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht,
Urteil vom 25. September 2015 - 18 Sa 520/14 -
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